Allgemeine Informationen
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Selektive Androgen Receptor Modulators (SARMs) stellen eine neuartige Klasse nichtsteroidaler Wirkstoffe dar, die selektiv an Androgenrezeptoren binden und gewebeabhängige Wirkungen entfalten. Ursprünglich mit dem Ziel entwickelt, die therapeutischen Effekte von Testosteron zu imitieren und gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, bieten SARMs ein innovatives Potenzial für die Behandlung zahlreicher Erkrankungen. Ihr selektives Wirkprofil unterscheidet sie grundlegend von klassischen Androgenen, was zu einer gesteigerten Forschungsaktivität in den letzten zwei Jahrzehnten geführt hat.
Die medizinische Relevanz von SARMs erstreckt sich von der Behandlung muskelschwundbedingter Erkrankungen (wie Cachexie und Sarkopenie) bis hin zu potenziellen Anwendungen in der Onkologie und Osteoporose-Therapie. Darüber hinaus besteht auch ein starkes öffentliches Interesse an ihrer Nutzung im nichtmedizinischen Bereich, insbesondere im Kontext von Bodybuilding und leistungssteigernden Substanzen. Diese Anwendung außerhalb medizinischer Indikationen birgt jedoch erhebliche Risiken und ethische Herausforderungen.
Ziel dieses Berichts ist es, einen systematischen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu SARMs zu geben. Dabei wird der Fokus auf pharmakologische Eigenschaften, klinische Studien, potenzielle therapeutische Anwendungen sowie Risiken und rechtliche Rahmenbedingungen gelegt. Durch die Analyse relevanter Literaturquellen und aktueller Forschungsergebnisse soll ein fundiertes Verständnis der Potenziale und Limitationen dieser Substanzklasse ermöglicht werden. Der Bericht richtet sich an ein akademisches Fachpublikum, insbesondere an Forscher und Hochschuldozenten in den Bereichen Pharmakologie, Endokrinologie und Molekularmedizin.
1. Pharmakologisches Profil von SARMs
1.1 Wirkmechanismus
Selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, die häufig unter der Abkürzung SARMs bekannt sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie gezielt und selektiv an bestimmte androgenabhängige Rezeptoren binden. Diese Rezeptoren finden sich in großer Zahl insbesondere im Muskelgewebe, im Knochengewebe sowie in den verschiedenen Geweben der Sexualorgane. Durch diese selektive Bindung an spezifische Zielrezeptoren unterscheiden sich SARMs grundlegend von traditionellen androgenen Hormonen wie Testosteron. Während Testosteron breit gefächert an zahlreiche Rezeptoren im gesamten Körper andockt und dadurch auch umfassende systemische Effekte hervorruft, beschränken SARMs ihre Wirkung weitestgehend auf die genannten Gewebetypen. Diese zielgerichtete Wirkung ermöglicht es, erwünschte Effekte wie beispielsweise Muskelwachstum, erhöhte Knochendichte oder verbesserte Funktionen im Sexualbereich hervorzurufen, während unerwünschte Nebenwirkungen in anderen Organsystemen stark reduziert oder sogar vollständig vermieden werden können. Anders ausgedrückt, besitzen SARMs den entscheidenden Vorteil, dass sie die positiven Effekte androgener Hormone wie Muskelaufbau und Knochenerhalt gezielt stimulieren, ohne dabei in vollem Umfang die Nebenwirkungen zu erzeugen, die typischerweise bei einer systemischen Gabe von Testosteron auftreten. Diese Eigenschaft macht SARMs insbesondere in therapeutischen Bereichen attraktiv, in denen gezielte Effekte erwünscht und breit gestreute hormonelle Nebenwirkungen unerwünscht oder sogar kontraindiziert sind.
1.2 Selektivität
Ein wesentliches und charakteristisches Merkmal der selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) liegt in ihrer außergewöhnlich spezifischen und gezielten agonistischen Wirkung, die sie auf androgenabhängige Rezeptoren entfalten. Besonders bemerkenswert ist dabei ihre Fähigkeit, selektiv Rezeptoren in muskulärem und knöchernem Gewebe zu aktivieren, wodurch sie in diesen Bereichen gezielte biologische Effekte wie Muskelwachstum, Kraftsteigerung und eine verbesserte Knochendichte hervorrufen. Dabei unterscheiden sich SARMs maßgeblich von traditionellen androgenen Hormonen, insbesondere Testosteron, da sie nicht flächendeckend in allen androgenempfindlichen Geweben eine vergleichbare Stimulation bewirken.
Diese Selektivität bedeutet, dass SARMs trotz ihrer ausgeprägten anabolen Wirkung in Muskel- und Knochengewebe kaum oder nur äußerst geringe Effekte in anderen androgenempfindlichen Bereichen auslösen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext, dass SARMs lediglich minimale oder sogar vernachlässigbare Wirkungen auf die Prostata ausüben, ein Organ, welches bekanntlich stark auf Androgene wie Testosteron reagiert. Dies reduziert das Risiko unerwünschter Effekte, die üblicherweise mit der Verwendung traditioneller Androgene verbunden sind, wie etwa einer Vergrößerung der Prostata oder der Förderung des Wachstums prostatabedingter Tumore.
Die Fähigkeit, selektiv in spezifischen Geweben zu wirken, ohne gleichzeitig in anderen Geweben starke androgenabhängige Reaktionen hervorzurufen, eröffnet große therapeutische Potenziale. Insbesondere in der medizinischen Behandlung alters- oder krankheitsbedingter Muskelschwäche, Osteoporose oder anderer Störungen der Muskulatur und des Knochenstoffwechsels könnten SARMs somit künftig eine wesentliche Rolle spielen. Gleichzeitig stellt die geringe Auswirkung auf die Prostata und andere androgenempfindliche Organe eine wichtige Voraussetzung dar, um das Sicherheitsprofil dieser Wirkstoffe erheblich zu verbessern und somit deren klinische Anwendbarkeit deutlich zu erweitern.
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1.3 Pharmakokinetik
Selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, allgemein bekannt unter der Abkürzung SARMs, besitzen im Vergleich zu vielen traditionellen steroidalen Androgenen den entscheidenden Vorteil einer guten oralen Bioverfügbarkeit. Dies bedeutet, dass sie nach oraler Einnahme vom Körper effizient resorbiert werden und anschließend in ausreichender Konzentration systemisch verfügbar sind, um ihre erwünschten pharmakologischen Wirkungen in den Zielgeweben effektiv zu entfalten. Die gute orale Bioverfügbarkeit vereinfacht die Anwendung dieser Substanzen erheblich, da auf invasive Verabreichungsmethoden wie Injektionen verzichtet werden kann, was die Akzeptanz und praktische Anwendbarkeit für Patienten deutlich erhöht.
Darüber hinaus zeigen SARMs ein breites Spektrum unterschiedlicher pharmakokinetischer Profile, die von der jeweiligen Substanzklasse abhängen. Diese Unterschiede spiegeln sich beispielsweise in Aspekten wie Resorptionsrate, maximaler Plasmakonzentration, Halbwertszeit oder auch in der metabolischen Verarbeitung im Körper wider. Beispielsweise besitzen SARMs wie Ligandrol (auch als LGD-4033 bezeichnet), Ostarine (MK-2866) und Andarine (S-4) jeweils charakteristische pharmakokinetische Merkmale, welche ihre therapeutische Nutzung und Dosierung maßgeblich beeinflussen.
So zeichnet sich Ligandrol durch eine relativ lange Halbwertszeit aus, was zu stabilen Blutspiegeln führt und eine tägliche Einmaldosierung ermöglicht. Ostarine hingegen besitzt ebenfalls eine gute orale Aufnahme, weist jedoch eine mittellange Halbwertszeit auf, wodurch häufig tägliche oder zweimal tägliche Dosierungen erforderlich werden können, um konstante Spiegel aufrechtzuerhalten. Andarine wiederum verfügt über eine vergleichsweise kürzere Halbwertszeit, was dazu führt, dass oftmals mehrere Dosierungen pro Tag empfohlen werden, um stabile therapeutische Konzentrationen zu gewährleisten.
Diese Variabilität in den pharmakokinetischen Eigenschaften der einzelnen SARMs hat wichtige praktische Implikationen für deren Anwendung. Insbesondere ermöglicht es, durch gezielte Wahl eines bestimmten Wirkstoffes aus der Klasse der SARMs, individuell abgestimmte Therapieschemata zu entwickeln, die sowohl die Anforderungen der Patienten hinsichtlich Bequemlichkeit und Compliance berücksichtigen als auch spezifische therapeutische Ziele optimal unterstützen.
1.4 Vergleich mit Testosteron
Im direkten Vergleich zu dem natürlich vorkommenden Androgen Testosteron zeigen selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) eine deutlich geringere Suppression der sogenannten Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, die häufig mit HPT-Achse abgekürzt wird. Die HPT-Achse ist ein wichtiger hormoneller Regelkreis im Körper, welcher unter anderem die Produktion und Ausschüttung von endogenen Geschlechtshormonen steuert. Während eine Behandlung mit exogen zugeführtem Testosteron in vielen Fällen zu einer starken Unterdrückung dieser Achse führt und somit die körpereigene Hormonproduktion erheblich reduziert oder sogar temporär vollständig stilllegen kann, zeichnen sich SARMs durch eine erheblich mildere Beeinflussung dieses sensiblen hormonellen Systems aus.
Aufgrund ihres spezifischen Wirkmechanismus, der auf einer selektiven Aktivierung von Androgenrezeptoren in gezielten Geweben wie Muskeln und Knochen beruht, wird die zentrale hormonelle Regulation deutlich weniger stark beeinträchtigt. Dies bedeutet konkret, dass bei einer Behandlung mit SARMs die körpereigene Testosteronproduktion zwar in gewissem Umfang reduziert werden kann, dieser Effekt jedoch deutlich weniger ausgeprägt und in der Regel auch reversibler ist als bei der Gabe von reinem Testosteron. Somit verbleibt die Funktion der Hypophyse und des Hypothalamus zumindest teilweise erhalten, was eine schnellere Erholung der körpereigenen hormonellen Achse nach Absetzen der Substanzen ermöglicht.
Zusätzlich zur geringeren hormonellen Suppression besitzen SARMs auch ein insgesamt vorteilhafteres Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu Testosteron. Während eine exogene Zufuhr von Testosteron oftmals unerwünschte systemische Effekte wie Wassereinlagerungen, Prostatavergrößerung, Haarausfall oder negative Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel mit sich bringt, treten diese Nebenwirkungen bei SARMs in deutlich geringerem Maße auf. Dies liegt vor allem daran, dass SARMs ihre androgenen Effekte selektiv in spezifischen Geweben entfalten und somit weniger Einfluss auf andere androgenempfindliche Organe und Systeme nehmen.
Daher gelten SARMs als vielversprechende Alternative zu Testosteron, insbesondere wenn eine Therapie angestrebt wird, bei der die anabolen Effekte wie Muskelaufbau oder Knochenerhalt gewünscht sind, während gleichzeitig unerwünschte hormonelle Nebenwirkungen minimiert werden sollen. Insgesamt eröffnet dieses günstige Nebenwirkungsprofil zusammen mit der moderateren Wirkung auf die hormonelle Achse große Potenziale für eine breitere therapeutische Anwendung, insbesondere bei Patienten, die empfindlich auf die Nebenwirkungen herkömmlicher androgenbasierter Behandlungen reagieren.
1.5. Pharmakologisches Profil von SARMs
Das pharmakologische Profil der selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren, die allgemein unter der Abkürzung SARMs bekannt sind, zeichnet sich durch eine Reihe spezifischer und einzigartiger Merkmale aus, die sie von anderen hormonell aktiven Substanzen, insbesondere klassischen androgenen Steroiden, deutlich unterscheiden. Im Mittelpunkt ihres pharmakologischen Wirkprinzips steht ihre Fähigkeit, selektiv und gezielt an Androgenrezeptoren in bestimmten Geweben des Körpers anzudocken. Dabei aktivieren sie gezielt Rezeptoren in muskuloskelettalen Geweben, insbesondere in Muskeln und Knochen, während andere androgenempfindliche Gewebe, wie beispielsweise die Prostata, nur minimal oder gar nicht aktiviert werden.
Die Besonderheit des pharmakologischen Profils von SARMs besteht somit in ihrer ausgeprägten Gewebeselektivität, welche es ermöglicht, erwünschte therapeutische Effekte wie Muskelaufbau, erhöhte Kraft, verbesserte Ausdauerleistung und die Förderung einer erhöhten Knochendichte zu erzielen, ohne gleichzeitig signifikante unerwünschte Effekte zu provozieren, die typischerweise mit der Anwendung traditioneller anaboler Steroide oder Testosteron verbunden sind. Diese selektive Aktivierung resultiert aus der spezifischen molekularen Struktur der SARMs, die es ihnen erlaubt, eine hohe Affinität und Selektivität gegenüber bestimmten Subtypen des Androgenrezeptors zu entwickeln und gleichzeitig eine geringere Affinität zu anderen Rezeptoren oder Rezeptorvarianten aufzuweisen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im pharmakologischen Profil von SARMs ist ihre gute orale Bioverfügbarkeit, die es ermöglicht, sie unkompliziert und effektiv über den Magen-Darm-Trakt aufzunehmen. Aufgrund dieser Eigenschaft können SARMs bequem als Tabletten oder Kapseln eingenommen werden, ohne dass auf invasive Methoden wie Injektionen zurückgegriffen werden muss. Ihre pharmakokinetischen Parameter, einschließlich der Halbwertszeit, Resorptionsrate und metabolischen Stabilität, variieren dabei deutlich zwischen den unterschiedlichen Vertretern dieser Substanzklasse wie Ligandrol (LGD-4033), Ostarine (MK-2866) oder Andarine (S-4). Diese Unterschiede bieten die Möglichkeit, SARMs gezielt nach ihren pharmakokinetischen Eigenschaften auszuwählen und individuell an die Bedürfnisse der Anwender anzupassen.
Darüber hinaus zeigt sich im pharmakologischen Profil von SARMs eine geringere Unterdrückung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HPT-Achse) im Vergleich zu herkömmlichen androgenen Wirkstoffen. Dies bedeutet, dass die körpereigene Produktion von Sexualhormonen wie Testosteron weniger stark beeinträchtigt wird, was wiederum eine schnellere und umfassendere Erholung nach Absetzen der Substanzen ermöglicht. Damit verbunden ist ein insgesamt günstigeres Nebenwirkungsprofil, wodurch SARMs eine vielversprechende therapeutische Alternative darstellen, insbesondere in medizinischen Bereichen, in denen ein gezielter Einsatz von androgenen Wirkstoffen wünschenswert, aber eine breite systemische Wirkung unerwünscht oder mit Risiken verbunden ist.
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass das pharmakologische Profil der SARMs von einer ausgeprägten Selektivität, einer guten oralen Bioverfügbarkeit, vorteilhaften pharmakokinetischen Eigenschaften sowie einem insgesamt günstigen Sicherheits- und Nebenwirkungsprofil geprägt ist, was sie sowohl für klinische als auch potenziell für leistungssteigernde Anwendungen äußerst attraktiv macht.
1.6 Wirkmechanismus
SARMs binden selektiv an androgenabhängige Rezeptoren, die hauptsächlich in Muskel-, Knochen- und Sexualgeweben exprimiert werden. Im Gegensatz zu Testosteron entfalten SARMs ihre Wirkung primär in spezifischen Geweben, ohne systemische Effekte in anderen Organsystemen in vollem Umfang hervorzurufen. Diese Gewebeselektivität basiert auf molekularen Unterschieden im Konformationsverhalten der Ligand-Rezeptor-Komplexe und deren Interaktion mit Koaktivatoren bzw. Korepressoren der Transkription.
1.7 Selektivität
Ein wesentliches und charakteristisches Merkmal der sogenannten selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) liegt in ihrer Fähigkeit, selektiv und gezielt eine agonistische, also aktivierende Wirkung an Androgenrezeptoren in speziellen Geweben auszuüben. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass SARMs vor allem in muskulären und knöchernen Strukturen ihre Wirkung entfalten, wodurch es zu einem gezielten Muskelwachstum, einer Verbesserung der Knochendichte und einer gesteigerten Kraftentwicklung kommen kann. Gleichzeitig findet jedoch eine bemerkenswert geringe oder nur äußerst minimale Stimulation der Androgenrezeptoren in Geweben statt, die typischerweise ebenfalls empfindlich auf androgene Stimulation reagieren, wie beispielsweise in der Prostata oder anderen androgenempfindlichen Organen.
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Diese ausgeprägte Selektivität in der Wirkung von SARMs stellt ein bedeutendes Unterscheidungsmerkmal zu herkömmlichen anabolen Steroiden dar. Klassische anabole Steroide, zu denen auch Testosteron und seine Derivate gehören, entfalten ihre Wirkung meist ohne eine derart spezifische Selektion der Zielgewebe. Aufgrund ihrer nicht-selektiven Aktivität aktivieren sie Androgenrezeptoren systemisch und umfassend im ganzen Körper, was zur Folge hat, dass neben erwünschten Effekten wie Muskelaufbau und Kraftsteigerung auch zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können. Typische Nebenwirkungen dieser breiten androgenen Wirkung umfassen beispielsweise eine Vergrößerung der Prostata, Haarausfall, Akne, Veränderungen im Cholesterinprofil oder auch psychische Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen oder Aggressivität.
Im Gegensatz dazu ermöglicht die selektive Aktivität der SARMs eine gezielte und deutlich besser steuerbare therapeutische Wirkung. Da sie kaum oder nur sehr geringfügig die Androgenrezeptoren in der Prostata oder anderen androgenempfindlichen Geweben aktivieren, sinkt das Risiko für die genannten unerwünschten Nebenwirkungen erheblich. Dies bedeutet in der Praxis, dass SARMs insbesondere für therapeutische Anwendungen, in denen eine gezielte Unterstützung der Muskulatur oder der Knochen notwendig ist, einen wesentlichen Fortschritt gegenüber konventionellen androgenen Substanzen darstellen. Besonders in klinischen Einsatzfeldern wie der Behandlung von Muskelschwund bei älteren Patienten, Erkrankungen, die mit einem Knochenverlust einhergehen, oder anderen muskuloskelettalen Defiziten, könnten SARMs daher künftig eine wichtige Rolle einnehmen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das zentrale Merkmal der SARMs – nämlich ihre gewebeselektive agonistische Wirkung – eine entscheidende therapeutische Innovation darstellt. Durch ihre spezifische und selektive Wirkweise ermöglichen SARMs es, die positiven und erwünschten Effekte auf Muskulatur und Knochen zu maximieren und gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren, was sie gegenüber traditionellen anabolen Steroiden klar hervorhebt und einen wichtigen Fortschritt in der pharmakologischen Behandlung von muskuloskelettalen Erkrankungen darstellt.
1.8 Pharmakokinetik
Selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs genannt, verfügen über die pharmakologisch vorteilhafte Eigenschaft, in der Regel eine ausgesprochen gute orale Bioverfügbarkeit aufzuweisen. Dies bedeutet, dass die Substanzen nach oraler Einnahme über den Magen-Darm-Trakt zuverlässig und effektiv in den Blutkreislauf aufgenommen werden und somit eine unkomplizierte, patientenfreundliche Anwendung ohne die Notwendigkeit von Injektionen ermöglichen. Durch diese Eigenschaft hebt sich diese Substanzgruppe deutlich von zahlreichen konventionellen androgenen Wirkstoffen ab, deren orale Einnahme aufgrund schlechter Resorption oder starkem hepatischen Abbau meist deutlich weniger effizient ist.
Die pharmakokinetischen Eigenschaften der einzelnen SARMs sind jedoch nicht homogen, sondern variieren in erheblichem Maße je nach spezifischer Substanzklasse. Parameter wie die Absorptionsrate, das Verteilungsvolumen innerhalb des Körpers, der Grad der Plasmaproteinbindung sowie die Eliminationshalbwertszeit können sich deutlich unterscheiden, wodurch sich individuelle Unterschiede in der Wirkungsdauer, Dosierungsfrequenz und in der allgemeinen klinischen Anwendung ergeben.
Beispielsweise unterscheiden sich weit verbreitete SARMs wie Ligandrol (LGD-4033), Ostarine (MK-2866) und Andarine (S-4) in ihrer Absorptionskinetik und dem Grad, in dem sie im Blut an Plasmaproteine gebunden vorliegen. Diese Faktoren beeinflussen unmittelbar die Menge des frei verfügbaren Wirkstoffs und somit seine pharmakologische Wirksamkeit. Zudem unterscheidet sich das Verteilungsvolumen, welches die Fähigkeit der jeweiligen Substanz beschreibt, sich nach der Aufnahme im Körper auf bestimmte Gewebe zu verteilen. Diese Unterschiede bestimmen maßgeblich, wie effizient und gezielt eine Substanz ihre Wirkung in muskulären und knöchernen Strukturen entfaltet.
Ein weiterer wichtiger pharmakokinetischer Parameter ist die Eliminationshalbwertszeit, welche die Zeitdauer beschreibt, innerhalb der die Konzentration eines Wirkstoffes im Blut um die Hälfte reduziert wird. Die meisten SARMs zeichnen sich durch eine relativ lange Eliminationshalbwertszeit aus, die typischerweise zwischen etwa 12 und 36 Stunden liegt. Aufgrund dieser vergleichsweise langen Wirkungsdauer kann die Mehrheit der SARMs komfortabel nur einmal täglich verabreicht werden. Dies erleichtert die Anwendung für Patienten erheblich, erhöht die Therapietreue und ermöglicht die Etablierung eines stabilen Wirkstoffspiegels im Blut, der eine konstant effektive und sichere Wirkung gewährleistet.
Zusammengefasst ist die gute orale Bioverfügbarkeit kombiniert mit variablen, jedoch insgesamt günstigen pharmakokinetischen Eigenschaften ein wesentliches Merkmal der SARMs. Die substanzspezifischen Unterschiede bieten zudem die Möglichkeit, einzelne Wirkstoffe gezielt nach klinischen Anforderungen und individuellen Patientenbedürfnissen auszuwählen, um optimale therapeutische Ergebnisse zu erzielen. Diese Eigenschaften machen SARMs zu einer attraktiven Option, insbesondere für Patienten, die eine langfristige und unkomplizierte Behandlung benötigen.
1.9 Vergleich mit Testosteron
Im direkten Vergleich zu einer exogenen Zufuhr von Testosteron weisen selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, besser bekannt unter der Abkürzung SARMs, eine deutlich geringere Suppression der hypothalamisch-hypophysär-gonadalen Achse (kurz HPT-Achse) auf. Die HPT-Achse stellt ein komplexes hormonelles Regelwerk dar, das von essenzieller Bedeutung für die Steuerung der endogenen Produktion der Geschlechtshormone ist. Wird Testosteron von außen zugeführt, etwa im Rahmen einer klassischen Hormonersatztherapie oder als anabol-androgenes Steroid zur Leistungssteigerung, führt dies typischerweise zu einer erheblichen Herabregulierung oder gar vollständigen Unterdrückung dieser hormonellen Achse. Als Folge reduziert sich die körpereigene Produktion von Testosteron deutlich, was wiederum erhebliche hormonelle Dysbalancen verursachen und unerwünschte Folgeeffekte nach sich ziehen kann.
SARMs hingegen besitzen aufgrund ihrer selektiven Wirkweise die Fähigkeit, gezielt und spezifisch an bestimmte Androgenrezeptoren zu binden, insbesondere in Muskel- und Knochengewebe. Dadurch entfalten sie ihre gewünschte Wirkung in diesen Zielstrukturen, während die zentralen Regelzentren der HPT-Achse im Hypothalamus und der Hypophyse weniger stark beeinflusst werden. Dies führt dazu, dass bei der Anwendung von SARMs die natürliche Testosteronproduktion zwar ebenfalls reduziert werden kann, jedoch in deutlich geringerem Ausmaß als bei einer Behandlung mit exogenem Testosteron. Zudem ist diese Suppression in der Regel reversibler, sodass nach Absetzen der SARMs häufig eine raschere und vollständigere Erholung der körpereigenen Hormonproduktion beobachtet wird.
Ein weiterer entscheidender Vorteil der SARMs gegenüber Testosteron liegt im insgesamt günstigeren Nebenwirkungsprofil. Während Testosteron aufgrund seiner nicht-selektiven Bindung an Androgenrezeptoren im ganzen Körper vielfältige unerwünschte Effekte hervorrufen kann – beispielsweise Prostatavergrößerung, Akne, Wassereinlagerungen, Beeinflussung des Lipidprofils oder auch psychische Veränderungen – zeigen SARMs diese Effekte in deutlich geringerem Maße. Da SARMs ihre Wirkung weitgehend selektiv auf Muskel- und Knochengewebe begrenzen und weniger Einfluss auf androgenempfindliche Organe wie Prostata, Haut oder Herz-Kreislauf-System ausüben, wird das Risiko dieser Nebenwirkungen erheblich reduziert.
Aufgrund dieses günstigen Profils ergeben sich für SARMs vielseitige therapeutische Einsatzmöglichkeiten. Sie könnten insbesondere in medizinischen Anwendungen eingesetzt werden, in denen eine gezielte anabole Wirkung zur Verbesserung der Muskelmasse oder zur Erhöhung der Knochendichte erwünscht ist, gleichzeitig aber hormonelle Dysbalancen und systemische Nebenwirkungen vermieden werden sollen. Besonders interessant ist ihre potenzielle Anwendung bei älteren Patienten, die unter Muskelschwund oder Osteoporose leiden, aber auch bei Patienten, die eine klassische Hormontherapie aufgrund von Nebenwirkungen oder Risikofaktoren nicht vertragen.
Zusammenfassend eröffnet die deutlich geringere Suppression der HPT-Achse durch SARMs im Vergleich zu exogenem Testosteron, verbunden mit einem insgesamt günstigeren und sichereren Nebenwirkungsprofil, vielversprechende Perspektiven in der klinischen Praxis, um hormonelle Dysbalancen zu reduzieren und gleichzeitig gezielte therapeutische Ziele zu erreichen.
2. Klinische Anwendungen
2.1 Muskelerkrankungen
Selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, häufig unter der Abkürzung SARMs bekannt, wurden ursprünglich entwickelt, um spezifische muskelschwundassoziierte Krankheitsbilder wirksam behandeln zu können. Dazu gehören insbesondere Erkrankungen wie Sarkopenie, welche durch einen altersbedingten, progressiven Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft gekennzeichnet ist, aber auch Cachexie, eine schwere Form des krankheitsbedingten Muskelschwunds, die häufig bei chronischen Erkrankungen wie Krebs, AIDS oder fortgeschrittener Herzinsuffizienz auftritt. Ebenso standen Muskeldystrophien im Fokus der Entwicklung, also genetisch bedingte Erkrankungen, die mit fortschreitendem Muskelverlust und funktionellen Einschränkungen der Muskulatur einhergehen und bisher nur begrenzt therapeutisch beeinflusst werden konnten.
Zahlreiche klinische Studien konnten inzwischen überzeugend belegen, dass die Behandlung mit SARMs zu einer signifikanten Zunahme der fettfreien Körpermasse sowie zu einer erheblichen Verbesserung der Muskelkraft und körperlichen Leistungsfähigkeit führt. Dieser Effekt lässt sich insbesondere bei älteren Patienten, die häufig an einer altersbedingten Reduktion der Muskelmasse leiden, nachweisen. Gerade bei älteren Menschen ist die Steigerung der Muskelkraft von großer Bedeutung, da sie eng mit der Mobilität, Selbstständigkeit und insgesamt der Lebensqualität korreliert. In diesen Studien zeigte sich, dass selbst nach vergleichsweise kurzer Behandlungsdauer bereits messbare positive Effekte auf die Muskelkraft und die körperliche Funktionalität erreicht werden konnten.
Neben der Anwendung bei älteren Patienten haben SARMs vor allem auch in der Therapie onkologischer Patienten an Bedeutung gewonnen. Viele Krebspatienten entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung oder während der Chemotherapie ein katabolisches Stoffwechselprofil, das durch einen gesteigerten Proteinabbau und eine reduzierte Fähigkeit zur Proteinbiosynthese charakterisiert ist. Dies führt in der Folge zu einem dramatischen Verlust an Muskelmasse und Körperkraft, was die Lebensqualität und Prognose der Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Klinische Untersuchungen konnten zeigen, dass die Gabe von SARMs in dieser spezifischen Patientengruppe dazu beitragen kann, diesem katabolischen Zustand effektiv entgegenzuwirken. Es gelang nachweislich, Muskelmasse zu erhalten oder sogar aufzubauen, wodurch die körperliche Belastbarkeit erhöht und das allgemeine Wohlbefinden der Patienten deutlich verbessert wurde.
Diese positiven Ergebnisse aus klinischen Studien demonstrieren das erhebliche therapeutische Potenzial der SARMs, insbesondere aufgrund ihrer gewebespezifischen Wirkungsweise und des damit verbundenen günstigeren Nebenwirkungsprofils im Vergleich zu klassischen androgenen Substanzen wie Testosteron. Gerade für Patienten, deren Erkrankungen mit einem erheblichen Verlust von Muskelmasse und Kraft einhergehen, stellen SARMs daher eine vielversprechende und innovative Therapieoption dar, die zukünftig in der klinischen Praxis eine zentrale Rolle spielen könnte.
2.2 Osteoporose
Aufgrund ihrer spezifischen und gezielten Wirkung auf knöcherne Strukturen werden selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs genannt, zunehmend als eine potenziell wirksame und vielversprechende Therapieoption für die Behandlung von Erkrankungen diskutiert, die mit einem Verlust der Knochendichte und einer Verschlechterung der Knochenstruktur einhergehen. Hierbei stehen insbesondere Krankheitsbilder wie die postmenopausale Osteoporose im Fokus, eine Erkrankung, bei der Frauen nach den Wechseljahren aufgrund eines sinkenden Östrogenspiegels deutlich an Knochenmasse verlieren. Dadurch steigt das Risiko von Knochenbrüchen erheblich an, was wiederum zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität und Mobilität führen kann. Eine weitere Erkrankung, bei der SARMs möglicherweise therapeutisch zum Einsatz kommen könnten, ist die sogenannte Glukokortikoid-induzierte Osteoporose. Diese entsteht durch die langfristige Einnahme von Kortikosteroiden, die zwar bei zahlreichen entzündlichen und autoimmunen Erkrankungen notwendig und hilfreich sind, gleichzeitig aber häufig einen beschleunigten Knochenabbau bewirken.
Präklinische Studien und Modellversuche haben gezeigt, dass SARMs auf zellulärer Ebene bemerkenswerte Effekte auf die Regulation des Knochenstoffwechsels aufweisen. Insbesondere wurde eine ausgeprägte Stimulation der Aktivität und Funktion der sogenannten Osteoblasten beobachtet, jener spezialisierten Zellen, die im Knochengewebe für die Neubildung von
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Knochenmaterial verantwortlich sind. Gleichzeitig zeigten dieselben Modelle, dass SARMs auch eine hemmende Wirkung auf die Knochenresorption ausüben, indem sie die Aktivität der Osteoklasten reduzieren. Osteoklasten sind diejenigen Zellen, die durch den Abbau von Knochenmaterial zur Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts zwischen Knochenauf- und -abbau beitragen. Bei Erkrankungen wie der Osteoporose gerät dieses Gleichgewicht jedoch oft aus der Balance, sodass ein Überwiegen des Knochenabbaus entsteht.
Die duale Wirkung der SARMs, sowohl aufbauende als auch abbauhemmende Prozesse im Knochengewebe gleichzeitig positiv zu beeinflussen, macht sie zu einer besonders attraktiven Therapieoption. Die Tatsache, dass sie gezielt am Knochengewebe wirken und weniger unerwünschte systemische Effekte verursachen als herkömmliche osteoporosetherapeutische Ansätze oder klassische androgenwirksame Medikamente, könnte dabei zu einer besseren Verträglichkeit und höherer Akzeptanz bei Patienten führen. Dies eröffnet auch die Perspektive, SARMs zukünftig insbesondere bei Patienten einzusetzen, die aufgrund von Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten gegenüber bisherigen Therapieoptionen keine ausreichende Behandlung erhalten konnten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass selektive Androgenrezeptor-Modulatoren aufgrund ihrer gezielten Effekte auf die Knochendichte und Knochenstruktur großes Potenzial als Therapieoption bei postmenopausaler Osteoporose und Glukokortikoid-induzierter Osteoporose besitzen. Weitere klinische Untersuchungen sind notwendig, um diese vielversprechenden präklinischen Ergebnisse zu bestätigen und SARMs möglicherweise in den klinischen Behandlungsalltag zu integrieren.
2.3 Hormonmangelzustände
Im therapeutischen Kontext des männlichen Hypogonadismus, einer Erkrankung, die durch eine unzureichende Produktion endogener Geschlechtshormone – insbesondere Testosteron – gekennzeichnet ist, erweisen sich selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) zunehmend als vielversprechende Behandlungsalternative. Bei dieser Patientengruppe ist typischerweise eine verminderte Libido, ein erniedrigtes Energieniveau sowie ein signifikanter Rückgang von Muskelmasse und Muskelkraft zu beobachten. Klassischerweise erfolgt die Behandlung des Hypogonadismus durch die Substitution von exogenem Testosteron. Allerdings gehen solche traditionellen Testosteronbehandlungen oftmals mit unerwünschten Effekten einher, insbesondere einer Vergrößerung der Prostata, der sogenannten prostatischen Hypertrophie, welche langfristig erhebliche klinische Komplikationen verursachen kann.
Im Gegensatz dazu zeigen SARMs aufgrund ihrer selektiven und gewebespezifischen Wirkungsweise die Fähigkeit, gezielt androgenabhängige Rezeptoren in muskuloskelettalen Geweben und Bereichen des Zentralnervensystems zu aktivieren. Diese selektive Aktivierung führt bei hypogonadalen Patienten zu einer Verbesserung von Libido und sexueller Funktion, einer Steigerung des allgemeinen Energielevels sowie zu einem Zuwachs der Muskelmasse und Muskelkraft. Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass SARMs dabei kaum oder gar keine relevante Wirkung auf das Prostatagewebe ausüben, wodurch das Risiko einer prostatischen Hypertrophie im Gegensatz zu exogenem Testosteron deutlich reduziert wird.
Gerade bei jüngeren Patienten mit einer milden endokrinen Dysfunktion bietet dieses vorteilhafte Sicherheits- und Nebenwirkungsprofil der SARMs erhebliche therapeutische Vorteile. Da bei jüngeren Männern häufig eine langfristige Behandlung erforderlich sein könnte, stellt die Minimierung von Nebenwirkungen wie Prostatavergrößerung einen entscheidenden Faktor dar. Zudem könnten SARMs insbesondere bei Patienten attraktiv sein, die zwar eine Verbesserung ihrer hypogonadalen Symptome wünschen, jedoch aufgrund der mit der traditionellen Testosteronersatztherapie verbundenen Risiken oder unerwünschten Nebenwirkungen diese Behandlung ablehnen oder fürchten.
Des Weiteren könnte die Anwendung von SARMs bei männlichen Patienten mit Hypogonadismus dazu beitragen, hormonelle Dysbalancen in einem früheren Stadium wirksam und zugleich schonend zu behandeln, was wiederum langfristig präventiv wirken könnte. Insofern eröffnet der Einsatz von SARMs neue therapeutische Perspektiven, indem er ermöglicht, bereits frühzeitig Symptome wie reduzierte Libido, Energielosigkeit und Muskelverlust effektiv zu adressieren, ohne gleichzeitig die unerwünschten androgentypischen Effekte auf die Prostata in Kauf nehmen zu müssen.
Zusammenfassend bieten SARMs aufgrund ihrer selektiven Wirkung im Kontext des männlichen Hypogonadismus erhebliche Vorteile gegenüber der klassischen Testosteronbehandlung, insbesondere bei jüngeren Patienten oder bei solchen, deren Hypogonadismus nur leicht ausgeprägt ist. Die Vermeidung einer prostatischen Hypertrophie bei gleichzeitigem Erhalt und Verbesserung der Lebensqualität könnte dazu beitragen, SARMs zukünftig zu einer wichtigen Säule in der Behandlung dieses Krankheitsbildes zu machen.
2.4 Onkologie
In der onkologischen Praxis gewinnen selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs genannt, zunehmend an Aufmerksamkeit, insbesondere als unterstützende Therapiemaßnahme zur Bekämpfung der tumorassoziierten Kachexie. Die Kachexie ist ein komplexes Syndrom, das bei zahlreichen Krebserkrankungen auftritt und durch einen starken, ungewollten Gewichtsverlust, vor allem von Muskelmasse, sowie durch eine ausgeprägte körperliche Schwäche und eine reduzierte Lebensqualität gekennzeichnet ist. Diese Form des krankheitsbedingten Muskelabbaus resultiert aus einem katabolen Stoffwechselzustand, der durch Entzündungsreaktionen, hormonelle Veränderungen und eine verminderte Proteinbiosynthese charakterisiert ist. Die tumorassoziierte Kachexie verschlechtert nicht nur die Prognose der Patienten deutlich, sondern erschwert auch die Durchführung notwendiger Therapien, da Patienten oft nicht mehr in der Lage sind, Chemotherapien oder operative Eingriffe ausreichend gut zu tolerieren.
In diesem Kontext bieten SARMs ein vielversprechendes Potenzial, da sie in präklinischen und ersten klinischen Studien gezeigt haben, dass sie selektiv die Muskelmasse erhalten oder sogar steigern können. Insbesondere erste klinische Untersuchungen mit SARMs wie Ligandrol (LGD-4033) und Ostarine (MK-2866) haben bereits gezeigt, dass diese Substanzen bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) sowie bei Patienten mit gastrointestinalen Tumorerkrankungen zu einer deutlichen Stabilisierung oder sogar einer Zunahme der fettfreien Körpermasse beitragen können. In diesen frühen Studien wurde beobachtet, dass Patienten, die mit SARMs behandelt wurden, im Vergleich zu unbehandelten oder placebo-behandelten Patienten deutlich weniger Muskelmasse verloren, was wiederum eine positive Wirkung auf ihre allgemeine körperliche Belastbarkeit und Lebensqualität hatte.
Ein wesentliches Merkmal von SARMs, das sie besonders attraktiv für den Einsatz in der supportiven Krebsmedizin macht, ist ihre selektive Aktivität auf Muskel- und Knochengewebe, ohne dabei die unerwünschten systemischen Effekte hervorzurufen, die mit der Gabe von klassischen androgenen Substanzen wie Testosteron verbunden sind. Da SARMs spezifisch die anabolen Prozesse im Muskelgewebe unterstützen und gleichzeitig andere androgenempfindliche Organe wie etwa die Prostata kaum beeinflussen, bieten sie die Möglichkeit, Muskelmasse und Körperfunktion zu erhalten, ohne das Risiko hormonell bedingter Nebenwirkungen signifikant zu erhöhen.
Zudem könnten SARMs in der Krebsmedizin auch dazu beitragen, Patienten besser auf die oftmals belastenden Chemotherapien oder Strahlentherapien vorzubereiten, indem sie den körperlichen Allgemeinzustand stabilisieren und so indirekt möglicherweise auch die Verträglichkeit dieser Therapien verbessern. Damit verbunden wäre nicht nur eine Steigerung der Behandlungsqualität, sondern potenziell auch eine Verlängerung der Überlebenszeit und eine Verbesserung der Prognose.
Zusammenfassend zeigen die bisherigen klinischen Erfahrungen und Daten, dass SARMs als supportive Therapiemaßnahme bei tumorassoziierter Kachexie erhebliche therapeutische Vorteile bieten könnten. Zukünftige größere klinische Studien sind jedoch notwendig, um diese ersten vielversprechenden Ergebnisse zu bestätigen und um SARMs möglicherweise fest in das therapeutische Repertoire der supportiven Onkologie zu integrieren.
2.5 Unerwünschte Off-Label-Verwendungen
Selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) weisen aufgrund ihres gezielten Wirkmechanismus und ihres günstigen Nebenwirkungsprofils großes Potenzial für eine Vielzahl klinischer Anwendungen auf, insbesondere im Bereich von muskuloskelettalen Erkrankungen und tumorassoziierter Kachexie. Allerdings haben SARMs in den letzten Jahren zunehmend Bekanntheit außerhalb der klinischen Praxis erlangt und werden verstärkt auch im nichtmedizinischen Bereich eingesetzt, insbesondere als leistungssteigernde Substanzen im Bodybuilding, Kraftsport und Fitnessbereich. Dieser Missbrauch ergibt sich aus der Fähigkeit der SARMs, selektiv Muskelmasse und Kraft zu steigern, ohne dabei, wie traditionelle anabole Steroide, starke systemische androgenbedingte Nebenwirkungen hervorzurufen.
Dieser scheinbare Vorteil verleitet viele Athleten und Fitness-Enthusiasten dazu, SARMs eigenmächtig einzunehmen, um ihre sportlichen Leistungen und Körperästhetik rasch zu verbessern. Allerdings birgt der unkontrollierte und nichtmedizinische Einsatz dieser Substanzen erhebliche Risiken. Eine wesentliche Gefahr liegt in der fehlenden Kontrolle über die Dosierung, die bei medizinisch nicht begleiteten Anwendungen typischerweise deutlich über den therapeutisch erprobten und klinisch validierten Dosisbereichen liegen kann. Eine Überdosierung oder langfristige Einnahme könnte erhebliche gesundheitliche Risiken zur Folge haben, insbesondere im Hinblick auf die hormonelle Balance des Körpers.
Darüber hinaus bestehen erhebliche Qualitätsrisiken, da SARMs, die im Bodybuilding-Bereich verwendet werden, meist über illegale oder semi-legale Vertriebskanäle bezogen werden. Diese Substanzen unterliegen in der Regel keiner pharmazeutischen Qualitätskontrolle und können daher Verunreinigungen, Fälschungen oder Abweichungen in der angegebenen Konzentration enthalten. Solche Risiken erhöhen die Wahrscheinlichkeit unerwarteter gesundheitlicher Folgen erheblich, da Anwender weder die tatsächliche Dosierung noch die chemische Reinheit der eingenommenen Substanzen zuverlässig kontrollieren können.
Zusätzlich zu diesen akuten Gefahren gibt es auch begründete Sorgen hinsichtlich möglicher langfristiger hormoneller Nebenwirkungen. Obwohl SARMs als selektiv beschrieben werden, beeinflussen sie dennoch die körpereigene Produktion von Sexualhormonen. Eine längerfristige, unkontrollierte Einnahme könnte zu einer dauerhaften oder zumindest langfristigen Suppression der natürlichen Testosteronproduktion führen. Als Folge könnten Anwender nach Absetzen der SARMs Symptome eines Hypogonadismus entwickeln, der mit vermindertem Energielevel, Libidoverlust, emotionalen Veränderungen und einer Reduktion der Muskelmasse verbunden ist. Solche hormonellen Dysbalancen könnten in manchen Fällen eine aufwendige medizinische Behandlung erforderlich machen, um die natürliche Hormonproduktion wiederherzustellen.
Die steigende Popularität von SARMs im Freizeitsport und ihre weitgehend unregulierte Verfügbarkeit stellen somit ein zunehmendes gesundheitliches und auch ethisches Problem dar. Während die klinische Forschung weiterhin das große therapeutische Potenzial dieser Substanzen untersucht und belegt, ist es entscheidend, die Öffentlichkeit über die Risiken aufzuklären, die mit dem missbräuchlichen und unkontrollierten Konsum von SARMs einhergehen. Nur durch gezielte Aufklärung, verbesserte regulatorische Maßnahmen und strengere Kontrollen könnte das gesundheitliche Risiko dieser leistungssteigernden Praxis reduziert werden.
3. Wissenschaftliche Studienlage
3.1 Präklinische Forschung
Die präklinische Forschung im Bereich der selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, hat in den letzten Jahren stark an Umfang und wissenschaftlicher Tiefe gewonnen. Diese frühen experimentellen Untersuchungen, die sowohl In-vitro- als auch In-vivo-Studien umfassen, dienen dazu, das grundlegende Wirkprofil dieser Substanzklasse umfassend zu verstehen. Im Zentrum dieser präklinischen Studien steht die Analyse der anabolen Effekte, der Gewebeselektivität sowie der allgemeinen Verträglichkeit und Sicherheit der SARMs. Bereits im Zellkulturmodell, also in In-vitro-Analysen, konnten Hinweise auf die Fähigkeit der SARMs gewonnen werden, gezielt Androgenrezeptoren in muskel- und knochenassoziierten Zelllinien zu aktivieren, was mit einer gesteigerten Expression von Genen assoziiert war, die für Muskelwachstum und Knochenerhalt von zentraler Bedeutung sind.
Noch aussagekräftiger sind jedoch die In-vivo-Studien, insbesondere jene, die an Tiermodellen durchgeführt wurden. In zahlreichen Experimenten mit Nagern, vor allem Ratten, konnte gezeigt werden, dass die Gabe von SARMs zu einer signifikanten Zunahme der fettfreien Körpermasse führt, was vor allem auf den Zuwachs an Muskelgewebe zurückgeführt wurde. Gleichzeitig wurde auch eine
messbare Verbesserung der Knochendichte dokumentiert, was die potenzielle Anwendbarkeit von SARMs nicht nur im Bereich der Behandlung von Muskelschwäche, sondern auch bei Knochenerkrankungen wie Osteoporose unterstreicht. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass diese anabolen Effekte im Muskel- und Knochengewebe erzielt wurden, ohne gleichzeitig jene unerwünschten Nebenwirkungen hervorzurufen, die bei der Anwendung klassischer androgen wirkender Substanzen, insbesondere Testosteron, häufig auftreten. Dazu zählen beispielsweise die Hypertrophie der Prostata oder pathologische Veränderungen im kardiovaskulären System.
In diesem Zusammenhang wurden spezifische SARM-Prototypen, wie S-4, besser bekannt als Andarine, und LGD-4033, auch unter dem Namen Ligandrol bekannt, intensiv untersucht. Tierexperimentelle Studien mit diesen Wirkstoffen zeigten eine ausgeprägte dosisabhängige Stimulation der Myogenese, also der Neubildung und Vergrößerung von Muskelzellen. Interessanterweise blieb dabei eine gleichzeitige Stimulierung des Prostatagewebes aus, was besonders im Hinblick auf die Sicherheit und Gewebeselektivität der SARMs von großer Bedeutung ist. Die Vermeidung einer Prostatahypertrophie trotz deutlich gesteigerter Muskelanabolie spricht für ein äußerst differenziertes Wirkprofil dieser Substanzen, das sich von der nicht-selektiven Wirkweise herkömmlicher Steroide grundlegend unterscheidet.
Diese präklinischen Erkenntnisse liefern somit eine wichtige Grundlage für die spätere klinische Entwicklung und Bewertung von SARMs. Sie helfen nicht nur dabei, die Wirkweise und das therapeutische Potenzial besser zu verstehen, sondern auch mögliche Risiken frühzeitig zu identifizieren und durch gezielte Modifikationen in der Molekülstruktur zu minimieren. Durch den gezielten Einsatz in Tiermodellen lassen sich dabei auch Rückschlüsse auf geeignete Dosierungen, Wirkungsdauern und mögliche Langzeiteffekte ziehen, die im weiteren Verlauf für die Planung klinischer Studien von entscheidender Bedeutung sind. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der präklinischen Forschung, dass SARMs in der Lage sind, eine effektive, selektive und nebenwirkungsarme Alternative zu bisherigen androgenen Therapien darzustellen, was sie zu einem hochinteressanten Forschungsfeld innerhalb der modernen Pharmakologie macht.
3.2 Klinische Studien – Phase I und II
Die klinische Erforschung selektiver Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, wobei insbesondere Studien der Phasen I und II erste wichtige Erkenntnisse über Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit dieser Substanzen beim Menschen liefern konnten. In diesen frühen klinischen Studien wurden unterschiedliche Vertreter der SARMs-Klasse unter kontrollierten Bedingungen an ausgewählten Probandengruppen getestet, um ihre pharmakokinetischen Eigenschaften, ihre Verträglichkeit sowie ihre spezifischen Effekte auf Muskelmasse, Kraftentwicklung und hormonelle Regulation zu analysieren. Insgesamt deuten die bisherigen Ergebnisse dieser Studien darauf hin, dass SARMs nicht nur gut verträglich sind, sondern auch ein günstiges pharmakokinetisches Profil aufweisen, was ihre potenzielle klinische Anwendbarkeit weiter untermauert.
Ein besonders gut untersuchter Wirkstoff ist LGD-4033, auch unter dem Namen Ligandrol bekannt. In einer Phase-I-Studie wurde dieser SARM an gesunden männlichen Probanden verabreicht, wobei sowohl unterschiedliche Dosierungen als auch die Wirkungsdauer systematisch untersucht wurden. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung: Mit steigender Dosierung konnte eine zunehmende Zunahme an fettfreier Körpermasse, insbesondere in Form von Skelettmuskulatur, festgestellt werden. Gleichzeitig wurde beobachtet, dass LGD-4033 in höheren Dosierungen eine gewisse Suppression der hypothalamisch-hypophysär-gonadalen Achse (HPT-Achse) verursachte. Diese Suppression blieb jedoch innerhalb eines reversiblen und insgesamt als mild einzustufenden Rahmens, sodass auch nach Absetzen des Wirkstoffes eine spontane Rückkehr der körpereigenen Testosteronproduktion festgestellt werden konnte. Diese Erkenntnis spricht für ein insgesamt günstiges hormonelles Sicherheitsprofil, insbesondere im Vergleich zur Gabe exogener Androgene wie Testosteron, die oft zu einer deutlich stärkeren und länger anhaltenden Unterdrückung der endogenen Hormonproduktion führen.
Ein weiteres vielversprechendes Beispiel aus der frühen klinischen Entwicklung ist die Untersuchung des Wirkstoffs MK-0773, ein SARM, der speziell für den Einsatz bei älteren Patientinnen mit altersbedingter Muskelschwäche entwickelt wurde. In einer Phase-II-Studie wurde dieser Wirkstoff an postmenopausalen Frauen mit reduzierter Muskelkraft verabreicht, um dessen potenziellen Nutzen in einer besonders vulnerablen Patientengruppe zu evaluieren. Die Ergebnisse zeigten, dass MK-0773 in der Lage war, die Muskelkraft signifikant zu steigern, ohne dabei klassische, androgenabhängige Nebenwirkungen hervorzurufen, wie sie etwa bei Testosteron häufig auftreten. Insbesondere traten keine Hinweise auf eine virilisierende Wirkung wie Stimmveränderungen, Akne oder vermehrten Haarwuchs auf, was für die selektive Wirkung des Präparats spricht und es als potenziell sichere Alternative zu herkömmlichen androgenbasierten Therapien bei Frauen erscheinen lässt.
Zusammenfassend belegen die bisherigen klinischen Studien der frühen Phasen, dass SARMs nicht nur eine selektive und wirksame anabole Wirkung auf Muskelmasse und Muskelkraft entfalten, sondern dies auch mit einer insgesamt guten Verträglichkeit und einem überschaubaren Nebenwirkungsprofil verbinden. Ihre pharmakokinetischen Eigenschaften, darunter eine gute orale Bioverfügbarkeit und alltagstaugliche Dosierungsintervalle, machen sie zu vielversprechenden Kandidaten für eine zukünftige therapeutische Anwendung in unterschiedlichen klinischen Indikationen, die mit Muskelschwäche, Muskelabbau oder allgemeiner körperlicher Inaktivität assoziiert sind. Weiterführende Studien in Phase III werden notwendig sein, um diese ersten positiven Ergebnisse zu bestätigen und letztlich eine Zulassung für bestimmte Indikationen zu ermöglichen.
3.3 Klinische Studien – Phase III
Obwohl die selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) in präklinischen und frühen klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich ihrer anabolen Wirkung und ihres günstigen Sicherheitsprofils gezeigt haben, befinden sich groß angelegte klinische Studien der Phase III bislang noch in einem relativ frühen Stadium und sind in ihrer Zahl und Aussagekraft derzeit begrenzt. Dies betrifft insbesondere die Untersuchungen zur Wirksamkeit von MK-2866, auch bekannt unter dem Namen Ostarine, einem der am weitesten entwickelten Vertreter dieser Substanzklasse. Insbesondere im Bereich der onkologischen Supportivtherapie wurde Ostarine in mehreren Studien an Patienten mit tumorassoziierter Kachexie untersucht, einem komplexen Syndrom, das durch Muskelabbau, körperliche Schwäche, Gewichtsverlust und eine reduzierte Lebensqualität gekennzeichnet ist und bei vielen Krebspatienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium auftritt.
Die Ergebnisse dieser Phase-III-Studien mit MK-2866 fielen jedoch insgesamt uneinheitlich aus. Zwar konnte in einigen Fällen ein gewisser Erhalt oder sogar ein leichter Anstieg der fettfreien Körpermasse festgestellt werden, doch die Verbesserungen in funktionellen Parametern wie Muskelkraft oder objektiv messbarer körperlicher Leistungsfähigkeit blieben häufig statistisch nicht signifikant. Ebenso waren die Auswirkungen auf die Lebensqualität der betroffenen Patienten nicht konsistent positiv, sodass die Gesamtheit der Daten bislang kein einheitliches Bild hinsichtlich des klinischen Nutzens von Ostarine in dieser Indikation ergibt.
Ein wesentlicher Faktor, der zur begrenzten Aussagekraft dieser Studien beiträgt, ist die häufig unzureichende statistische Power. Diese ergibt sich unter anderem aus vergleichsweise kleinen Stichprobengrößen, einer oft heterogenen Patientenzusammensetzung sowie aus methodischen Herausforderungen bei der Auswahl und Standardisierung geeigneter Endpunkte zur Messung von Muskelkraft und Lebensqualität. Hinzu kommt, dass viele dieser Studien mit relativ hohen Drop-out-Raten zu kämpfen hatten, was bedeutet, dass ein erheblicher Anteil der Teilnehmer die Studie vorzeitig abbrach. Gründe hierfür reichen von Verschlechterung des Gesundheitszustandes über unerwünschte Nebenwirkungen bis hin zu persönlichen oder organisatorischen Faktoren. Solche Ausfälle erschweren nicht nur die statistische Auswertung, sondern mindern auch die Aussagekraft der erzielten Ergebnisse erheblich.
Trotz dieser Limitationen liefern die bisherigen Studien wichtige Erkenntnisse über das potenzielle therapeutische Fenster von SARMs wie MK-2866. Sie verdeutlichen, dass es durchaus Patientengruppen gibt, die in besonderer Weise von einer gezielten SARM-Therapie profitieren könnten – etwa jene, bei denen eine moderate, aber klinisch relevante Verbesserung der Muskelmasse und körperlichen Belastbarkeit bereits eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität bedeutet. Diese Ergebnisse legen nahe, dass der zukünftige Erfolg solcher Therapien maßgeblich davon abhängt, eine präzise und sorgfältige Patientenselektion vorzunehmen, um diejenigen Personen zu identifizieren, bei denen ein positiver Nutzen-Risiko-Effekt am wahrscheinlichsten ist.
Langfristig könnten SARMs wie Ostarine insbesondere dann eine tragende Rolle in der supportiven Onkologie spielen, wenn es gelingt, durch verbesserte Studiendesigns, größere Fallzahlen, standardisierte Bewertungskriterien und längere Beobachtungszeiträume robustere Daten zu generieren. Diese zukünftigen Studien könnten nicht nur das therapeutische Potenzial in spezifischen Indikationen präziser erfassen, sondern auch dazu beitragen, den regulatorischen Weg hin zu einer breiteren klinischen Zulassung zu ebnen. Bis dahin bleibt das Einsatzfeld von SARMs im Rahmen groß angelegter Phase-III-Studien ein vielversprechender, aber bislang noch nicht abschließend bewerteter Forschungsbereich.
3.4 Methodische Limitierungen
Die derzeit verfügbare Studienlage zu selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, zeigt zwar vielversprechende Ansätze hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und potenziellen therapeutischen Anwendbarkeit, doch leidet sie unter mehreren zentralen methodischen Einschränkungen, die eine umfassende Bewertung des klinischen Nutzens und der langfristigen Sicherheit bislang erheblich erschweren. Eine der auffälligsten Schwächen besteht in der zumeist sehr kurzen Studiendauer vieler Untersuchungen. Die meisten klinischen Studien, die bislang durchgeführt wurden, beschränken sich auf Zeiträume von wenigen Wochen bis wenigen Monaten. Solche begrenzten Beobachtungszeiträume ermöglichen es zwar, kurzfristige Effekte wie die Zunahme von Muskelmasse oder eine vorübergehende Verbesserung funktioneller Parameter zu dokumentieren, liefern jedoch kaum verlässliche Aussagen über die Nachhaltigkeit dieser Effekte oder über mögliche kumulative Nebenwirkungen, die sich erst im längerfristigen Verlauf manifestieren könnten.
Hinzu kommt, dass die Probandenzahlen in vielen dieser Studien relativ gering sind. In der Regel handelt es sich um Pilotstudien oder frühe klinische Prüfungen, bei denen meist nur wenige Dutzend bis maximal einige hundert Teilnehmer eingeschlossen werden. Solche geringen Fallzahlen reduzieren nicht nur die statistische Aussagekraft der Ergebnisse, sondern erhöhen auch die Anfälligkeit gegenüber Verzerrungen und Zufallseffekten. Dadurch wird es schwieriger, klare und generalisierbare Schlüsse zu ziehen, insbesondere wenn es um seltene, aber potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen geht.
Ein weiteres Problem besteht in der methodischen Uneinheitlichkeit der Studien, insbesondere hinsichtlich der Definition und Auswahl der primären und sekundären Endpunkte. Während einige Studien primär auf die Veränderung der fettfreien Körpermasse abzielen, messen andere die Muskelkraft, die subjektive Lebensqualität oder unterschiedliche biochemische Marker. Diese heterogenen Endpunktdefinitionen erschweren nicht nur den direkten Vergleich zwischen verschiedenen Studien, sondern führen auch zu Unsicherheiten bei der Interpretation der klinischen Relevanz der jeweiligen Ergebnisse. Die fehlende Standardisierung in der Methodik ist somit ein wesentlicher limitierender Faktor für eine evidenzbasierte Bewertung des therapeutischen Potenzials von SARMs.
Darüber hinaus ist das Wissen über die Langzeitsicherheit dieser Substanzklasse noch äußerst begrenzt. Insbesondere fehlen verlässliche Daten zur kardiovaskulären Sicherheit sowie zu möglichen langfristigen Auswirkungen auf das endokrine System. Zwar deuten präklinische und frühe klinische Studien darauf hin, dass SARMs im Vergleich zu herkömmlichen androgenen Substanzen ein günstigeres Sicherheitsprofil aufweisen könnten, doch ist bislang unklar, inwieweit diese Annahme auch über längere Anwendungszeiträume hinweg Bestand hat. Vor allem mögliche Auswirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lipidprofile, Leberfunktion und die dauerhafte Beeinflussung der körpereigenen Hormonproduktion bedürfen dringend weiterführender Forschung.
Die Kombination aus kurzen Studiendauern, kleinen Stichprobengrößen, methodischen Inkonsistenzen und fehlenden Langzeitdaten führt letztlich dazu, dass die derzeit vorliegenden Studien nur eine eingeschränkte Grundlage für eine fundierte Nutzen-Risiko-Abwägung darstellen. Die mangelnde Vergleichbarkeit der Ergebnisse erschwert es sowohl Wissenschaftlern als auch klinisch tätigen Ärzten, klare Empfehlungen für den therapeutischen Einsatz von SARMs abzuleiten. Um das volle Potenzial dieser Substanzklasse ausschöpfen zu können, sind daher dringend qualitativ hochwertige, methodisch konsistente und langfristig angelegte Studien erforderlich, die nicht nur die kurzfristige Wirksamkeit, sondern auch die langfristige Sicherheit und Verträglichkeit in unterschiedlichen Patientengruppen systematisch erfassen. Erst auf Basis solcher Daten kann eine belastbare und differenzierte Einschätzung des klinischen Werts von SARMs erfolgen. ​​​​​
3.5 Zusammenfassung der Evidenz
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, in präklinischen Untersuchungen sowie in frühen klinischen Studien ein vielversprechendes Potenzial für eine Vielzahl therapeutischer Anwendungsgebiete gezeigt haben. Besonders hervorzuheben ist dabei ihr Nutzen im Bereich der Muskel- und Knochengesundheit, wo sie durch ihre gewebespezifische Wirkung in der Lage sind, Muskelmasse zu erhalten oder zu fördern sowie die Knochendichte zu stabilisieren oder sogar zu verbessern. Diese Eigenschaften machen SARMs zu interessanten Kandidaten für die Behandlung muskelschwundassoziierter Erkrankungen wie Sarkopenie, Kachexie oder altersbedingter Osteoporose, insbesondere bei Patientengruppen, bei denen eine herkömmliche Therapie mit androgenen Substanzen aufgrund ihres systemischen Nebenwirkungsprofils nicht infrage kommt.
Die selektive Aktivierung von Androgenrezeptoren in Muskel- und Knochengewebe bei gleichzeitiger Schonung empfindlicher Gewebe wie der Prostata oder der Haut wird als ein bedeutender pharmakologischer Vorteil betrachtet. Diese Spezifität erlaubt es theoretisch, anabole Effekte gezielt therapeutisch zu nutzen, ohne die typischen Nebenwirkungen traditioneller Testosteronpräparate in Kauf nehmen zu müssen. Auch erste Ergebnisse aus Humanstudien deuten darauf hin, dass SARMs nicht nur wirksam, sondern grundsätzlich auch gut verträglich sind. In kleineren Phase-I- und Phase-II-Studien konnte bei bestimmten Substanzen wie LGD-4033 oder MK-0773 eine Zunahme der fettfreien Körpermasse, eine verbesserte Muskelkraft und eine gute orale Bioverfügbarkeit nachgewiesen werden.
Gleichzeitig muss jedoch betont werden, dass die bisherige Evidenzlage noch nicht als konsistent und abschließend belastbar angesehen werden kann. Die Daten aus den bisherigen Studien sind in vielerlei Hinsicht heterogen – sowohl in Bezug auf Studiendesign und Patientenauswahl als auch hinsichtlich der untersuchten Endpunkte und der Dauer der Beobachtungszeiträume. Diese Inkonsistenzen erschweren es derzeit, eine allgemeingültige Aussage über den klinischen Nutzen und die Sicherheit der SARMs über längere Zeiträume hinweg zu treffen. Insbesondere fehlen bislang umfassende Langzeitstudien, die eine dauerhafte Wirkung, mögliche Akkumulationseffekte, hormonelle Rückkopplungsmechanismen sowie kardiometabolische und endokrine Langzeitrisiken systematisch untersuchen.
Daher besteht ein klarer Bedarf an gut konzipierten, randomisierten, kontrollierten Studien mit ausreichend großer Probandenzahl und standardisierten Endpunkten, die über längere Zeiträume hinweg durchgeführt werden. Solche Studien wären essenziell, um die derzeit noch bestehenden Unsicherheiten zu reduzieren und die Grundlagen für eine potenzielle Zulassung und breite therapeutische Anwendung zu schaffen. Nur durch ein solides wissenschaftliches Fundament kann der Übergang von einem experimentellen Wirkstoff zu einer klinisch etablierten Therapieoption erfolgen.
Zusammengefasst bieten SARMs ein beachtliches therapeutisches Potenzial, das durch präklinische Forschung und frühe klinische Ergebnisse gestützt wird. Ihre gezielte Wirkung auf Muskel- und Knochengewebe macht sie zu interessanten Kandidaten für verschiedene Indikationen, bei denen der Erhalt oder die Wiederherstellung körperlicher Funktionalität im Vordergrund steht. Um dieses Potenzial jedoch verantwortungsvoll und evidenzbasiert in die klinische Praxis zu überführen, sind weitere sorgfältig durchgeführte Langzeitstudien unerlässlich.
4. Risiken und Nebenwirkungen
4.1 Endokrine Effekte
Obwohl selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, im Vergleich zu herkömmlichem exogen verabreichtem Testosteron eine deutlich geringere Beeinflussung der hypothalamisch-hypophysär-gonadalen Achse – auch als HPT-Achse bezeichnet – aufweisen, bedeutet dies nicht, dass sie vollkommen frei von hormonellen Rückkopplungseffekten sind. Die HPT-Achse spielt eine zentrale Rolle in der Regulation der körpereigenen Testosteronproduktion und beruht auf einem fein abgestimmten Zusammenspiel hormoneller Signale zwischen dem Hypothalamus, der Hypophyse und den Gonaden. Wird durch endogene oder exogene Androgene ein ausreichendes oder überhöhtes Signal für die Androgenaktivität an das zentrale Nervensystem gesendet, reduziert der Hypothalamus die Ausschüttung des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH), was in der Folge zu einer verminderten Freisetzung der luteinisierenden Hormone (LH) und der follikelstimulierenden Hormone (FSH) aus der Hypophyse führt.
Auch bei der Anwendung von SARMs, die ursprünglich mit dem Ziel entwickelt wurden, gezielt anabole Effekte in Muskel- und Knochengewebe hervorzurufen und gleichzeitig unerwünschte systemische Nebenwirkungen zu vermeiden, ist eine Beeinflussung dieser hormonellen Achse zu beobachten – insbesondere dann, wenn die verabreichte Dosierung den therapeutisch vorgesehenen Rahmen überschreitet oder über längere Zeiträume hinweg eingenommen wird. Unter solchen Bedingungen zeigen klinische und präklinische Untersuchungen, dass SARMs durchaus in der Lage sind, die Ausschüttung von LH und FSH signifikant zu unterdrücken. Diese hormonellen Veränderungen resultieren aus der rückkoppelnden Wirkung, die der Körper als Reaktion auf die durch SARMs hervorgerufene Androgenrezeptoraktivierung interpretiert. Der Organismus nimmt an, dass ein ausreichender Spiegel an androgener Stimulation vorhanden ist, woraufhin die Signalkaskade zur körpereigenen Hormonproduktion herunterreguliert wird.
Das Ergebnis dieser Suppression ist eine verminderte oder vollständig unterdrückte endogene Testosteronproduktion in den Hoden. Diese Form der hormonellen Reaktion ist allerdings, wie zahlreiche Studien belegen, in den meisten Fällen reversibel. Nach dem Absetzen der SARMs normalisieren sich die hormonellen Parameter in der Regel wieder, wobei die Dauer bis zur vollständigen Wiederherstellung der HPT-Achsen-Funktion je nach Dauer und Dosierung der Anwendung sowie individuellen physiologischen Unterschieden zwischen den Personen variieren kann. Dennoch kann es in manchen Fällen zu einer temporären Phase eines funktionellen Hypogonadismus kommen, in der Symptome wie verminderte Libido, Energielosigkeit oder eine eingeschränkte Fruchtbarkeit auftreten.
Diese potenziellen hormonellen Auswirkungen machen deutlich, dass trotz der selektiven Wirkweise von SARMs die Einflüsse auf das komplexe endokrine System nicht vernachlässigt werden dürfen. Besonders bei höheren Dosierungen, wie sie häufig im nichtmedizinischen Gebrauch, etwa im Bodybuilding oder Freizeitsport, zu beobachten sind, steigt das Risiko einer ausgeprägteren Suppression hormoneller Regelkreise deutlich an. Daher ist eine sorgfältige Dosierung und medizinische Überwachung bei therapeutischem Einsatz unerlässlich, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass SARMs zwar ein günstigeres hormonelles Nebenwirkungsprofil als Testosteron aufweisen, aber bei inadäquater Anwendung durchaus eine reversible, aber klinisch relevante Unterdrückung der endogenen Testosteronproduktion verursachen können.
4.2 Kardiovaskuläre Risiken
In einzelnen klinischen und präklinischen Untersuchungen zu selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) wurden Hinweise auf potenzielle kardiovaskuläre Nebenwirkungen beobachtet, die Anlass zur weiteren wissenschaftlichen Prüfung geben. Obwohl SARMs in ihrer Wirkung gezielt auf Muskel- und Knochengewebe ausgerichtet sind und damit systemische Nebenwirkungen klassischer Androgentherapien weitgehend vermeiden sollen, zeigen sich dennoch vereinzelt Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, die nicht ignoriert werden dürfen. Zu den am häufigsten beschriebenen Erscheinungen zählen eine Erhöhung des Blutdrucks, also Hypertonie, sowie Störungen des Lipidstoffwechsels, wobei insbesondere eine signifikante Abnahme des sogenannten HDL-Cholesterins (High-Density Lipoprotein) festgestellt wurde. HDL-Cholesterin spielt eine zentrale Rolle im Fettstoffwechsel und gilt gemeinhin als „gutes“ Cholesterin, da es zur Rückführung überschüssiger Lipide aus dem Gewebe in die Leber beiträgt und somit eine anti-atherogene Wirkung entfaltet.
Ein Rückgang des HDL-Spiegels unter die physiologische Norm kann hingegen das Gleichgewicht des Lipidprofils verschieben und potenziell das Risiko für die Entwicklung von Arteriosklerose erhöhen. Darüber hinaus wurden auch Veränderungen der Herzfrequenz beobachtet, wenngleich diese in ihrer klinischen Bedeutung bislang nicht einheitlich interpretiert werden können. Ob es sich hierbei um kompensatorische physiologische Anpassungen handelt oder um direkte Wirkungen auf kardiale Rezeptoren oder das autonome Nervensystem, ist Gegenstand laufender Untersuchungen.
Von zentraler Bedeutung ist jedoch, dass es bislang kaum belastbare Langzeitdaten zu diesen kardiovaskulären Effekten gibt. Die meisten bisherigen Studien zu SARMs waren auf wenige Wochen oder Monate begrenzt und schlossen häufig nur gesunde Probanden oder eng definierte Patientengruppen ein. Entsprechend fehlt es an Erkenntnissen darüber, wie sich eine wiederholte oder chronische Einnahme dieser Wirkstoffe über Jahre hinweg auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Insbesondere Fragen nach dem langfristigen Risiko für die Entstehung oder Progression einer Atherosklerose – also der krankhaften Verengung und Verhärtung der Arterien – lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beantworten. Ebenso wenig kann bislang beurteilt werden, ob SARMs kardiale Umbauprozesse, auch als kardiales Remodeling bezeichnet, begünstigen könnten, wie sie etwa im Rahmen einer chronischen Druck- oder Volumenbelastung des Herzens auftreten und in der Folge zu strukturellen und funktionellen Veränderungen des Myokards führen.
Die aktuelle Studienlage erlaubt somit zwar erste Einschätzungen zu möglichen kardiovaskulären Effekten, doch bleibt das tatsächliche Ausmaß des damit verbundenen Risikopotenzials weitgehend offen. Gerade im Hinblick auf die wachsende Zahl an nichtmedizinischen Anwendern, etwa im Bereich des Bodybuildings, und die potenziell höheren Dosierungen, die dabei zum Einsatz kommen, ist es dringend erforderlich, diese Fragestellungen im Rahmen groß angelegter, langfristig angelegter und gut kontrollierter Studien zu untersuchen. Nur durch eine systematische und umfassende Erhebung entsprechender Daten kann eine belastbare Bewertung erfolgen, ob SARMs tatsächlich eine sichere therapeutische Option im Vergleich zu herkömmlichen androgenen Substanzen darstellen oder ob sie bei längerer Anwendung möglicherweise mit relevanten kardiovaskulären Risiken einhergehen. Bis dahin bleibt eine gewisse Zurückhaltung in der klinischen Anwendung geboten, insbesondere bei Patienten mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder entsprechenden Risikofaktoren.
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4.3 Hepatotoxizität
Im Rahmen klinischer Studien, insbesondere solcher, in denen selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (SARMs) in höheren Dosierungen verabreicht wurden, zeigten sich in einigen Fällen Hinweise auf eine Erhöhung von Leberenzymwerten, insbesondere der Alanin-Aminotransferase (ALT) und der Aspartat-Aminotransferase (AST). Diese Enzyme gelten als etablierte Marker für die Funktion und Integrität der Leber und steigen typischerweise an, wenn eine Belastung oder Schädigung von Leberzellen vorliegt. Solche Erhöhungen traten im Zusammenhang mit der Einnahme bestimmter SARMs jedoch in der Mehrzahl der dokumentierten Fälle lediglich in einem milden bis moderaten Ausmaß auf und waren in der Regel nicht mit klinisch manifesten Symptomen verbunden. Das bedeutet, dass die betroffenen Personen weder über Beschwerden wie Oberbauchschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit klagten noch andere laborchemische oder bildgebende Hinweise auf eine relevante Leberschädigung zeigten.
In der medizinischen Bewertung solcher Befunde spricht man in solchen Fällen von asymptomatischen Transaminasenanstiegen. Diese Veränderungen normalisierten sich in vielen Fällen nach Absetzen der Substanz oder nach Reduktion der Dosierung innerhalb weniger Wochen von selbst, was auf einen reversiblen Prozess hinweist. Dennoch ist das Auftreten solcher Veränderungen nicht ohne Bedeutung, da es auf eine mögliche metabolische Belastung der Leber hinweist, die unter bestimmten Bedingungen auch klinisch relevant werden könnte. Insbesondere bei längerfristiger Einnahme oder bei gleichzeitigem Vorliegen anderer Risikofaktoren – wie bestehende Lebererkrankungen, Alkoholmissbrauch oder die gleichzeitige Einnahme anderer hepatotoxischer Substanzen – könnte sich die kumulative Leberbelastung potenzieren und das Risiko für eine manifeste Leberschädigung erhöhen.
Gerade im Kontext der nichtmedizinischen Nutzung von SARMs, wie sie beispielsweise im Bodybuilding-Bereich weit verbreitet ist, kommt dieser Aspekt eine besondere Bedeutung zu. In solchen Szenarien werden SARMs häufig mit anderen, potenziell lebertoxischen Substanzen kombiniert, darunter orale anabole Steroide, Stimulanzien oder bestimmte Nahrungsergänzungsmittel, deren Reinheit und Zusammensetzung oft nicht zuverlässig überprüfbar ist. Die Kombination mehrerer solcher Wirkstoffe kann die Leberfunktion erheblich beanspruchen und unter Umständen den Unterschied zwischen einer harmlosen, vorübergehenden Enzymerhöhung und einer ernsthaften Leberschädigung ausmachen.
Aus diesem Grund ist die klinische Relevanz der in Studien beobachteten Transaminasenanstiege ein zentrales Thema aktueller Forschung. Es bedarf weiterer gut kontrollierter Studien, die nicht nur die kurzfristigen, sondern insbesondere auch die langfristigen Auswirkungen auf die Leberfunktion systematisch untersuchen. Dabei sollte auch die Rolle unterschiedlicher Dosierungen, Einnahmezeiträume und patientenspezifischer Risikofaktoren berücksichtigt werden. Nur so kann eine differenzierte Risikobewertung erfolgen, die es ermöglicht, SARMs sicher und verantwortungsvoll im klinischen Kontext einzusetzen – insbesondere bei Patienten, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes oder ihrer Medikation ohnehin eine eingeschränkte Leberfunktion aufweisen könnten. Bis dahin ist bei der Anwendung von SARMs, insbesondere außerhalb eines kontrollierten klinischen Umfelds, eine erhöhte Wachsamkeit geboten, was mögliche hepatotoxische Effekte betrifft. Regelmäßige Kontrollen der Leberwerte sowie eine sorgfältige Evaluation begleitender Risikofaktoren sollten integraler Bestandteil jeder verantwortungsvollen SARM-Anwendung sein.
4.4 Psychische Nebenwirkungen
In der wissenschaftlichen Literatur sowie in klinischen Fallbeobachtungen wurden zunehmend Einzelfallberichte dokumentiert, die im Zusammenhang mit der Einnahme selektiver Androgenrezeptor-Modulatoren, auch bekannt als SARMs, auf das Auftreten verschiedener psychischer Veränderungen hinweisen. Zu den am häufigsten beschriebenen Symptomen zählen eine gesteigerte Reizbarkeit, depressive Verstimmungen sowie Störungen des Schlafverhaltens. Diese psychischen Auffälligkeiten traten in der Regel nicht im Rahmen streng kontrollierter klinischer Studien auf, sondern wurden vorwiegend bei Personen beobachtet, die SARMs außerhalb der zugelassenen therapeutischen Anwendungsbereiche verwendeten – also im sogenannten Off-Label-Setting, das insbesondere im Bereich des Freizeitsports und Bodybuildings weit verbreitet ist.
In diesen Kontexten ist es nicht ungewöhnlich, dass SARMs in deutlich höheren Dosierungen eingenommen werden, als sie in klinischen Studien eingesetzt oder für einen potenziellen therapeutischen Nutzen vorgesehen sind. Solche supra-therapeutischen Dosierungen können dazu führen, dass sich die Wirkungsweise der Substanzen verändert oder dass Nebenwirkungen auftreten, die bei kontrollierter Gabe in niedrigeren Dosen nicht beobachtet wurden. Es ist zudem davon auszugehen, dass die psychischen Symptome in vielen Fällen nicht allein auf die Wirkung eines einzelnen SARM zurückzuführen sind, sondern auch durch zusätzliche Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen etwa die gleichzeitige Einnahme anderer leistungssteigernder Substanzen, eine bestehende psychische Vorbelastung, der soziale Druck im Leistungssportmilieu oder der hormonelle Rebound-Effekt nach dem Absetzen der Substanz.
Besonders problematisch ist, dass viele dieser berichteten psychischen Symptome wie Reizbarkeit, depressive Episoden oder Schlaflosigkeit eher unspezifisch sind und sich auch im Rahmen anderer körperlicher oder psychischer Zustände manifestieren können. Das macht es schwierig, eine eindeutige Kausalität zwischen der Einnahme von SARMs und den beobachteten psychischen Veränderungen herzustellen. In einigen Fällen handelt es sich möglicherweise um indirekte Effekte, beispielsweise durch hormonelle Dysregulation nach Suppression der körpereigenen Testosteronproduktion. Auch könnte eine Störung des zirkadianen Rhythmus, wie sie durch hormonelle Einflüsse begünstigt wird, zu Schlafstörungen und damit sekundär zu Stimmungsschwankungen führen.
Derzeit mangelt es an gut kontrollierten wissenschaftlichen Studien, die gezielt den Zusammenhang zwischen SARM-Gebrauch und dem Auftreten psychischer Nebenwirkungen untersuchen. Die verfügbaren Einzelfallberichte liefern zwar erste Hinweise auf ein potenzielles Risiko, reichen jedoch bei Weitem nicht aus, um die Mechanismen, Häufigkeit und Schwere solcher Effekte zuverlässig zu beurteilen. Entsprechend groß ist der Forschungsbedarf auf diesem Gebiet. Es wäre wünschenswert, in zukünftigen klinischen Studien standardisierte psychologische Testverfahren zu integrieren, um systematisch zu erfassen, ob und in welchem Ausmaß SARMs neuropsychiatrische Auswirkungen entfalten, insbesondere bei längerer Einnahmedauer und höheren Dosen.
Bis zur Klärung dieser offenen Fragen sollte der mögliche Zusammenhang zwischen SARMs und psychischen Veränderungen mit der gebotenen Vorsicht betrachtet werden. Insbesondere Anwender, die SARMs ohne ärztliche Kontrolle und in nicht validierten Dosierungen konsumieren, sollten über potenzielle neuropsychiatrische Risiken aufgeklärt werden. Auch ärztlich begleitete Therapien mit SARMs sollten im Vorfeld eine sorgfältige Anamnese psychischer Vorerkrankungen beinhalten, um vulnerable Patienten frühzeitig zu identifizieren. Nur durch eine solche differenzierte Herangehensweise lässt sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis verantwortungsvoll bewerten und gleichzeitig der Schutz potenziell gefährdeter Patientengruppen gewährleisten.
4.5 Risiken bei nicht ärztlicher Anwendung
Die unregulierte Verwendung von SARMs über Internetquellen stellt ein erhebliches Risiko dar, da Qualität, Dosierung und Reinheit nicht gewährleistet sind. Berichte über verunreinigte Produkte und falsch deklarierte Wirkstoffe sind in der Literatur dokumentiert. Besonders problematisch ist die Kombination mit anderen anabolen Substanzen („Stacking“), was das Risiko für Nebenwirkungen potenziert. Wichtig zu beachten bei unseren Produkten ist folgendes: Die Powerzen-Produkte enthalten als Hauptbestandteil Kreatin, eine Substanz, die vor allem im Sportbereich zur Leistungssteigerung verwendet wird. In ihrer Wirkung und Zusammensetzung lassen sich diese Produkte jedoch eher mit Globuli vergleichen, da sie oft mit Versprechen vermarktet werden, deren tatsächliche Wirksamkeit wissenschaftlich nicht eindeutig belegt ist.
5. Rechtlicher Status und ethische Aspekte
5.1 Gesetzliche Regelungen
Der rechtliche Status von selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, ist weltweit betrachtet komplex und weist zwischen den verschiedenen Staaten und Rechtssystemen erhebliche Unterschiede auf. Diese Uneinheitlichkeit betrifft nicht nur die Frage, ob SARMs legal erworben und verwendet werden dürfen, sondern auch, unter welchen Bedingungen sie als Arzneimittel gelten und welche regulatorischen Anforderungen an ihren Vertrieb, ihre Vermarktung und ihren Einsatz gestellt werden. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die rechtliche Situation besonders ambivalent. Dort sind SARMs derzeit nicht von der Food and Drug Administration (FDA) für den therapeutischen Gebrauch zugelassen. Das bedeutet, dass es keine von der FDA genehmigten Indikationen gibt, in denen SARMs als Medikamente verschrieben oder eingesetzt werden dürfen. Trotz dieser fehlenden Zulassung sind sie jedoch nicht grundsätzlich verboten. Vielmehr werden sie häufig über spezielle Kanäle vertrieben, wobei sie nicht als Arzneimittel deklariert werden, sondern als sogenannte „research chemicals“ – also als Forschungschemikalien, die angeblich ausschließlich für wissenschaftliche oder experimentelle Zwecke bestimmt sind.
Dieser als rechtliche Grauzone zu bewertender Vertrieb ermöglicht es Händlern, die gesetzlichen Bestimmungen für Arzneimittel teilweise zu umgehen. Auf diese Weise gelangen SARMs in den USA häufig über das Internet oder spezialisierte Anbieter an Endverbraucher, die sie dann ohne ärztliche Kontrolle einnehmen – oft im Kontext von Sport, Bodybuilding oder aus ästhetischen Beweggründen. Auch wenn dieser Vertrieb formal als legal erscheinen mag, warnt die FDA regelmäßig vor der Einnahme solcher Substanzen außerhalb klinischer Studien und betont, dass sie ein nicht unerhebliches Risiko für die Gesundheit darstellen können. In der Vergangenheit hat die Behörde zudem wiederholt rechtliche Schritte gegen Unternehmen eingeleitet, die SARMs illegal als Nahrungsergänzungsmittel oder Muskelaufbaupräparate vermarktet haben.
In der Europäischen Union ist die rechtliche Einordnung von SARMs klarer geregelt, allerdings ebenfalls restriktiv. Hier gelten SARMs als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts, sobald sie zum menschlichen Gebrauch bestimmt sind. Diese Definition beruht nicht nur auf der Zusammensetzung der Substanz, sondern vor allem auf ihrem Verwendungszweck. Das bedeutet konkret, dass bereits der Vertrieb, die Bewerbung oder der Verkauf von SARMs als Produkte zur Leistungssteigerung, zum Muskelaufbau oder zur Behandlung bestimmter Erkrankungen eine Einordnung als Arzneimittel nach sich zieht – unabhängig davon, ob eine offizielle Zulassung besteht oder nicht. Da derzeit keine SARMs innerhalb der Europäischen Union als zugelassene Arzneimittel im Verkehr sind, stellt der Vertrieb solcher Produkte zu medizinischen oder leistungssteigernden Zwecken einen klaren Verstoß gegen das geltende Arzneimittelgesetz dar. Entsprechende Verstöße können straf- oder ordnungsrechtlich verfolgt werden, was sowohl für Verkäufer als auch für Importeure rechtliche Konsequenzen haben kann.
Darüber hinaus unterliegen SARMs in vielen Ländern auch den Vorschriften der Dopingbekämpfung. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat SARMs auf die Liste der verbotenen Substanzen gesetzt, was bedeutet, dass ihr Nachweis im Körper eines Athleten im Rahmen eines Dopingtests zu Disqualifikationen, Sperren und weiteren sportrechtlichen Sanktionen führen kann. Dies betrifft sowohl den Wettkampfsport als auch zunehmend den Breitensport, in dem regelmäßige Kontrollen stattfinden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der rechtliche Rahmen für SARMs international nicht einheitlich geregelt ist. Während sie in den USA als nicht zugelassene, aber dennoch verfügbare Forschungsstoffe kursieren, gelten sie in der Europäischen Union bei bestimmungsgemäßem Gebrauch klar als nicht zugelassene Arzneimittel, deren Vertrieb ohne entsprechende Zulassung rechtswidrig ist. Diese Diskrepanz erschwert nicht nur die Regulierung und Überwachung des Marktes, sondern trägt auch zur Verunsicherung bei Konsumenten und medizinischen Fachkräften bei. Es bedarf daher klarer internationaler Richtlinien und einer stärkeren Harmonisierung der bestehenden Gesetze, um sowohl den gesundheitlichen Schutz der Verbraucher als auch die rechtliche Klarheit im Umgang mit diesen Substanzen zu gewährleisten.
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5.2 Status im Sport – Dopingrelevanz
Die Welt-Anti-Doping-Agentur, besser bekannt unter ihrer Abkürzung WADA, hat selektive Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, bereits im Jahr 2008 in ihre Liste der verbotenen Substanzen aufgenommen und damit frühzeitig auf die leistungssteigernden Potenziale dieser Substanzklasse reagiert. Seitdem gelten SARMs als verboten im Sinne der internationalen Dopingbestimmungen, wobei die Regelung sowohl für den Wettkampfzeitraum als auch für trainingsfreie Phasen außerhalb offizieller Wettkämpfe Gültigkeit besitzt. Das bedeutet, dass ein Nachweis dieser Substanzen im Organismus eines Athleten unabhängig vom Zeitpunkt des Konsums automatisch einen Dopingverstoß darstellt. Besonders häufig erwähnt und gezielt überprüft werden in diesem Zusammenhang Wirkstoffe wie Ligandrol (auch unter der Bezeichnung LGD-4033 bekannt), Ostarine (MK-2866) sowie Testolone (RAD-140), die allesamt als besonders potente Vertreter der SARMs gelten und in den vergangenen Jahren verstärkt in Dopingkontrollen nachgewiesen wurden.
Athleten, bei denen ein positiver Nachweis dieser Substanzen erbracht wird, müssen mit ernsthaften disziplinarischen Konsequenzen rechnen. Diese reichen von offiziellen Verwarnungen über Aberkennung von Wettkampfergebnissen bis hin zu mehrjährigen Sperren, die nicht nur ihre sportliche Laufbahn erheblich beeinträchtigen, sondern oft auch mit dem Verlust von Sponsorenverträgen und Reputationsschäden einhergehen. Die WADA verfolgt dabei eine konsequente Null-Toleranz-Politik, da SARMs durch ihre gezielte anabole Wirkung und ihr potenziell günstigeres Nebenwirkungsprofil gegenüber klassischen anabolen Steroiden ein ernstzunehmendes Risiko für die Fairness und Integrität des Sports darstellen.
Die Herausforderungen im Umgang mit SARMs haben sich in den letzten Jahren zusätzlich verschärft, da diese Substanzen zunehmend in Fitnesskreisen, außerhalb des professionellen Leistungssports, Verbreitung finden. Insbesondere in der Bodybuilding-Szene und unter ambitionierten Freizeitathleten erfreuen sich SARMs wachsender Beliebtheit, da sie als effektive Mittel zur Steigerung der Muskelmasse und zur Reduktion von Körperfett gelten. In vielen Fällen werden sie dabei jedoch illegal oder unter irreführender Kennzeichnung als „Forschungschemikalien“ oder Nahrungsergänzungsmittel vertrieben, was ihre Kontrolle und Regulierung erheblich erschwert. Diese Verbreitung im nichtregulierten Bereich erhöht nicht nur das Risiko unabsichtlicher Einnahmen durch verunreinigte Produkte, sondern stellt auch die Antidoping-Labore vor neue analytische Herausforderungen.
Der Nachweis von SARMs im Rahmen von Dopingkontrollen ist technisch aufwendig und erfordert hochspezialisierte Verfahren wie Massenspektrometrie in Kombination mit Flüssigchromatographie. Darüber hinaus entwickeln sich die chemischen Strukturen der SARMs ständig weiter, da immer neue Varianten synthetisiert werden, um bestehende Testverfahren zu umgehen. Dies zwingt die Dopinganalytik zu permanenter methodischer Weiterentwicklung, um auch geringste Mengen und strukturell modifizierte Varianten dieser Substanzen zuverlässig detektieren zu können. Gleichzeitig ist die Halbwertszeit vieler SARMs relativ kurz, was die Nachweisbarkeit zusätzlich erschwert, insbesondere wenn der Konsum gezielt auf eine Zeit vor dem Wettkampf gelegt wird.
Insgesamt zeigt sich, dass die Aufnahme der SARMs in die WADA-Verbotsliste eine notwendige Maßnahme war, um der sich wandelnden Realität im Bereich leistungssteigernder Substanzen gerecht zu werden. Dennoch bleibt der Umgang mit diesen Wirkstoffen eine dynamische Herausforderung, die ein hohes Maß an wissenschaftlicher Expertise, internationaler Zusammenarbeit und regulatorischer Wachsamkeit erfordert. Nur durch kontinuierliche Forschung, Weiterentwicklung analytischer Verfahren und eine konsequente Ahndung von Verstößen kann sichergestellt werden, dass der sportliche Wettbewerb auch künftig fair und sauber bleibt.
5.3 Grauzonen im Online-Handel
Trotz ihrer Einstufung als nicht zugelassene Arzneimittel werden SARMs in großem Umfang über Online-Plattformen vertrieben. Dabei erfolgt die Deklaration häufig mit dem Hinweis „nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt“, um regulatorische Maßnahmen zu umgehen. Studien belegen jedoch, dass viele dieser Produkte nicht den deklarierten Gehalt aufweisen oder mit anderen Substanzen verunreinigt sind. Eine effektive Überwachung und strafrechtliche Verfolgung ist bislang nur begrenzt möglich.
5.4 Ethik in der klinischen Forschung
Die Entwicklung und klinische Erprobung selektiver Androgenrezeptor-Modulatoren, auch als SARMs bekannt, bringt eine Vielzahl medizinischer und wissenschaftlicher Herausforderungen mit sich, doch ebenso wichtig sind die ethischen Fragestellungen, die sich im Kontext der Humanforschung ergeben. Gerade bei neuen Wirkstoffklassen wie den SARMs, die in vielen Fällen noch keine vollständige behördliche Zulassung besitzen und sich häufig in frühen klinischen Entwicklungsphasen befinden, ist die Einhaltung ethischer Standards von zentraler Bedeutung. Im Mittelpunkt stehen dabei der Schutz der körperlichen und psychischen Unversehrtheit der Studienteilnehmer sowie die vollständige und verständliche Aufklärung über mögliche Risiken, Nebenwirkungen und offene wissenschaftliche Fragen. Die Sicherheit der Probandinnen und Probanden muss unter allen Umständen oberste Priorität besitzen, insbesondere da sich SARMs in einigen Studien als biologisch wirksam, aber potenziell auch mit systemischen Risiken behaftet gezeigt haben, deren langfristige Auswirkungen noch nicht vollständig erforscht sind.
Ein besonders heikler Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Durchführung sogenannter „grauer Studien“. Darunter versteht man klinische Untersuchungen oder pseudowissenschaftliche Erhebungen, die außerhalb regulierter wissenschaftlicher und ethischer Rahmenbedingungen stattfinden. Diese Studien werden häufig ohne die Beteiligung einer Ethikkommission, ohne die ordnungsgemäße Registrierung bei entsprechenden Aufsichtsbehörden oder ohne transparente Dokumentation durchgeführt. In manchen Fällen handelt es sich sogar um kommerziell motivierte Versuche, bestimmte Substanzen zu vermarkten oder ihre Wirkung zu demonstrieren, ohne dabei die notwendigen wissenschaftlichen und ethischen Prüfmechanismen zu durchlaufen. Gerade bei SARMs, die vielfach im Internet unter der Bezeichnung „Forschungschemikalien“ oder „Experimentalstoffe“ verkauft werden, besteht die reale Gefahr, dass unerfahrene oder unzureichend informierte Personen an nicht genehmigten Studien teilnehmen oder sich unwissentlich einem erheblichen gesundheitlichen Risiko aussetzen.
Diese Form der unkontrollierten Humanforschung ist aus ethischer Sicht höchst problematisch, da sie die grundlegenden Prinzipien des Patientenschutzes untergräbt. Zu diesen Prinzipien gehören unter anderem die freiwillige und informierte Einwilligung der Versuchspersonen, der Schutz besonders vulnerabler Gruppen, die sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung sowie die Verpflichtung der Forscher zur Wahrung der Würde und der Rechte jedes Teilnehmers. All diese Leitlinien sind in der Deklaration von Helsinki festgehalten, einem international anerkannten ethischen Grundlagendokument für die medizinische Forschung am Menschen. Die Deklaration fordert ausdrücklich, dass jede Studie vor ihrer Durchführung durch eine unabhängige Ethikkommission überprüft und bewilligt werden muss und dass alle Beteiligten über den Zweck, die Methodik, die möglichen Risiken sowie über ihre Rechte umfassend aufgeklärt werden.
Die strikte Einhaltung solcher ethischer Standards ist nicht nur aus moralischer Sicht geboten, sondern auch für die Qualität und Validität wissenschaftlicher Ergebnisse unerlässlich. Forschung, die auf nicht informierter oder unfreiwilliger Teilnahme basiert oder die ohne sorgfältige Überwachung durchgeführt wird, untergräbt das Vertrauen in die medizinische Wissenschaft und kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden führen, die vermeidbar gewesen wären. Gerade im Bereich der SARMs, deren Langzeitwirkungen auf Leberfunktion, Hormonhaushalt und kardiovaskuläre Gesundheit noch nicht abschließend bekannt sind, ist besondere Vorsicht geboten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ethische Dimension bei der Entwicklung und klinischen Prüfung von SARMs von zentraler Bedeutung ist und keinesfalls vernachlässigt werden darf. Die Durchführung solcher Studien muss streng kontrolliert, transparent dokumentiert und im Einklang mit internationalen ethischen Richtlinien erfolgen, um das Wohl und die Rechte der teilnehmenden Personen zu gewährleisten. Nur durch eine verantwortungsbewusste und ethisch fundierte Forschung lässt sich das therapeutische Potenzial von SARMs auf eine Weise erschließen, die sowohl dem medizinischen Fortschritt als auch dem Schutz des Einzelnen gerecht wird.
5.5 Verantwortung der Wissenschaft
Die wissenschaftliche Gemeinschaft sieht sich im Kontext der Erforschung und Bewertung selektiver Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, in einer doppelten Verantwortung, die sowohl die objektive Analyse des therapeutischen Potenzials als auch die kritische Auseinandersetzung mit möglichen Risiken und Missbrauchsgefahren umfasst. Einerseits ist es ihre Aufgabe, die biologischen Wirkmechanismen, die klinische Wirksamkeit und die Sicherheit dieser Substanzklasse mit größtmöglicher wissenschaftlicher Präzision und Unvoreingenommenheit zu untersuchen. Hierzu gehört eine differenzierte Betrachtung der bisherigen Studienlage, einschließlich präklinischer Erkenntnisse, klinischer Pilotstudien und der wenigen vorhandenen Langzeitbeobachtungen. Nur durch methodisch saubere und unabhängige Forschung kann festgestellt werden, in welchen medizinischen Indikationen SARMs einen echten therapeutischen Mehrwert bieten – beispielsweise bei altersbedingtem Muskelschwund, bei tumorassoziierter Kachexie oder bei bestimmten Formen der Osteoporose. Dabei muss wissenschaftliches Interesse stets Hand in Hand mit dem Schutz von Patienten und Probanden gehen, was eine sorgfältige Abwägung zwischen Nutzen und Risiko unabdingbar macht.
Andererseits darf die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit SARMs nicht in einem rein akademischen Rahmen verbleiben, sondern muss auch die gesellschaftliche Realität und die damit verbundenen Herausforderungen einbeziehen. In der Praxis zeigt sich nämlich, dass SARMs zunehmend außerhalb kontrollierter klinischer Studien und ohne medizinische Indikation konsumiert werden – insbesondere im Fitness- und Bodybuildingbereich, wo sie als leistungssteigernde Mittel zur Muskelzunahme und Körperfettreduktion missbraucht werden. In diesen Kontexten fehlt es häufig nicht nur an einer fundierten Risikoabwägung, sondern auch an grundlegenden Informationen über die potenziellen gesundheitlichen Gefahren. Der unkontrollierte Einsatz von SARMs erfolgt oftmals auf Basis von Fehlinformationen oder durch gezielte Vermarktung über soziale Medien und Online-Plattformen, wo sie als sichere Alternative zu anabolen Steroiden dargestellt werden – ein Bild, das aus wissenschaftlicher Sicht keinesfalls uneingeschränkt haltbar ist.
Vor diesem Hintergrund trägt die wissenschaftliche Gemeinschaft eine besondere Verantwortung, nicht nur die positiven Eigenschaften von SARMs in den Mittelpunkt zu stellen, sondern auch mögliche Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch, klar und nachvollziehbar zu kommunizieren. Diese Kommunikation muss verständlich, zugänglich und differenziert sein. Es reicht nicht aus, Studienergebnisse in Fachzeitschriften zu publizieren, wenn gleichzeitig eine breite Öffentlichkeit – einschließlich junger Erwachsener, ambitionierter Freizeitsportler oder medizinischer Laien – mit Fehlinformationen konfrontiert wird. Deshalb sind transparente Öffentlichkeitsarbeit, sachliche Aufklärung und gezielte Informationskampagnen essenziell, um einem unreflektierten, selbstverantworteten Einsatz entgegenzuwirken.
Darüber hinaus ist auch eine kritische Reflexion innerhalb der Wissenschaft selbst notwendig. Es muss immer wieder hinterfragt werden, wie Forschung betrieben wird, wie Studien finanziert und interpretiert werden und welche gesellschaftlichen Auswirkungen wissenschaftliche Erkenntnisse entfalten können – beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Die wissenschaftliche Integrität verlangt in diesem Zusammenhang, Interessenkonflikte offen zu legen, kommerzielle Einflussnahmen zu minimieren und sich aktiv gegen die Verbreitung verkürzter oder verzerrter Darstellungen zu positionieren. Insbesondere bei einem Thema wie SARMs, das medizinische, ethische und gesellschaftliche Dimensionen gleichermaßen berührt, darf die Wissenschaft nicht schweigen, wenn Substanzen außerhalb sicherer Rahmenbedingungen verwendet werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft in einer Schlüsselrolle steht: Sie muss einerseits das medizinisch-therapeutische Potenzial von SARMs sachlich und umfassend untersuchen, andererseits aber auch verantwortungsvoll auf Risiken und Missbrauchsmöglichkeiten hinweisen. Nur durch eine solche ausgewogene und kritisch reflektierte Herangehensweise kann der Weg geebnet werden für eine aufgeklärte öffentliche Debatte, eine verantwortungsvolle klinische Anwendung und eine effektive Prävention nicht-medizinischer Risikoverwendung.
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6. Diskussion und Forschungsperspektiven
6.1 Interpretation der bisherigen Erkenntnisse
Die bisherige Evidenzlage zeigt, dass SARMs ein bemerkenswertes Potenzial in der Behandlung muskuloskelettaler und endokrinologischer Erkrankungen aufweisen. Ihre Gewebeselektivität ermöglicht eine gezieltere Therapie im Vergleich zu klassischen Androgenen, wobei das Nebenwirkungsprofil insgesamt günstiger erscheint. Insbesondere bei älteren Patienten oder bei onkologisch bedingter Kachexie könnten SARMs eine bedeutsame Rolle spielen. Dennoch bleiben wesentliche Unsicherheiten hinsichtlich Langzeiteffekten, individueller Verträglichkeit und Interaktionen mit anderen Medikamenten bestehen.
6.2 Limitationen der aktuellen Forschung
Die wissenschaftliche Forschung zu selektiven Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, steht derzeit noch am Anfang ihrer Entwicklung und ist durch eine Vielzahl methodischer und struktureller Einschränkungen geprägt, die sowohl die Aussagekraft als auch die Vergleichbarkeit der bisherigen Studienergebnisse erheblich einschränken. Eine der zentralen Schwächen der derzeitigen Studienlage liegt in der geringen Zahl an Probandinnen und Probanden, die an klinischen Untersuchungen teilnehmen. Viele Studien, die sich mit der Wirkung, Sicherheit und Verträglichkeit von SARMs beschäftigen, basieren auf kleinen Stichprobenumfängen, häufig im zweistelligen oder niedrig dreistelligen Bereich. Diese geringe Teilnehmerzahl führt zwangsläufig zu einer eingeschränkten statistischen Power, wodurch es schwierig wird, belastbare Schlussfolgerungen zu ziehen oder subtile, aber potenziell klinisch relevante Effekte zuverlässig zu identifizieren.
Hinzu kommt, dass viele dieser Studien nur über sehr kurze Zeiträume durchgeführt werden, was eine fundierte Einschätzung der längerfristigen Wirksamkeit und Sicherheit kaum zulässt. Die meisten verfügbaren Daten beziehen sich auf Behandlungszeiträume von wenigen Wochen bis wenigen Monaten, was insbesondere im Hinblick auf chronische Indikationen wie Muskelschwund, Osteoporose oder Kachexie problematisch ist. Gerade in diesen Anwendungsfeldern wäre eine langfristige Stabilität der Wirkung und das Ausbleiben kumulativer Nebenwirkungen von entscheidender Bedeutung, weshalb Langzeitbeobachtungen zwingend notwendig wären, um eine abschließende Bewertung des therapeutischen Nutzens vornehmen zu können. Derzeit jedoch fehlen solche Daten weitgehend, wodurch sich auch das Risikoprofil von SARMs nicht abschließend beurteilen lässt.
Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die erhebliche Heterogenität der bisherigen Studiendesigns. Es zeigt sich, dass sowohl die Auswahl der untersuchten Substanzen als auch die methodischen Ansätze zur Datenerhebung und -auswertung von Studie zu Studie stark variieren. Unterschiedliche Dosierungsregime, abweichende Einschlusskriterien, verschiedene Patientengruppen und uneinheitlich definierte Endpunkte erschweren es erheblich, die Ergebnisse verschiedener Studien miteinander zu vergleichen. Diese methodische Inkonsistenz hat zur Folge, dass bislang keine belastbaren Metaanalysen durchgeführt werden konnten, die einen umfassenden und systematischen Überblick über die Wirksamkeit und Sicherheit von SARMs bieten würden. Die Endpunkte selbst – also die Parameter, anhand derer der therapeutische Erfolg gemessen wird – variieren ebenfalls erheblich: Während manche Studien primär die Zunahme der fettfreien Körpermasse erfassen, konzentrieren sich andere auf die Muskelkraft, die körperliche Leistungsfähigkeit oder biochemische Marker. Diese uneinheitliche Zielsetzung führt dazu, dass ein direkter Vergleich zwischen den Studien kaum möglich ist und sich keine konsistenten, generalisierbaren Aussagen ableiten lassen.
Darüber hinaus besteht ein nicht unerhebliches Defizit an unabhängig durchgeführten Studien. Ein großer Teil der bisherigen Forschung wird entweder direkt von den Herstellern der SARMs finanziert oder in Kooperation mit wirtschaftlich interessierten Partnern durchgeführt. Auch wenn dies in der Arzneimittelforschung grundsätzlich kein unübliches Vorgehen ist, stellt es dennoch ein potenzielles Risiko für die Objektivität und Unvoreingenommenheit der erhobenen Daten dar. Interessenkonflikte können nicht nur die Interpretation der Ergebnisse beeinflussen, sondern mitunter auch das Studiendesign selbst – etwa durch die Auswahl besonders günstiger Endpunkte oder durch das Weglassen von Sicherheitsaspekten im Protokoll. In Ermangelung einer breiten akademischen Forschung, die unabhängig von wirtschaftlichen Interessen erfolgt, bleibt daher unklar, inwieweit die vorliegenden Studienergebnisse ein realitätsgetreues Bild vom therapeutischen Wert und den Risiken von SARMs vermitteln.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die gegenwärtige Forschungslage zu SARMs von einer Vielzahl struktureller und methodischer Schwächen geprägt ist. Die Kombination aus kleinen Probandenzahlen, kurzen Beobachtungszeiträumen, uneinheitlichen Studiendesigns, fehlenden Langzeitdaten und einem Mangel an unabhängiger wissenschaftlicher Überprüfung erschwert eine fundierte Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses erheblich. Es besteht daher ein dringender Bedarf an groß angelegten, methodisch einheitlichen und langfristig angelegten Studien, die unter unabhängiger wissenschaftlicher Leitung durchgeführt werden, um das therapeutische Potenzial dieser Substanzklasse sachlich und umfassend beurteilen zu können. Nur durch eine solche wissenschaftliche Vertiefung kann letztlich entschieden werden, ob und in welchen klinischen Kontexten SARMs einen tatsächlichen medizinischen Fortschritt darstellen.
6.3 Potenzial für zukünftige therapeutische Entwicklungen
Langfristig betrachtet eröffnet die pharmakologische Entwicklung selektiver Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, ein bemerkenswert breites Spektrum potenzieller Einsatzgebiete, das weit über die bislang vorrangig untersuchten Indikationen wie Muskelschwäche oder Osteoporose hinausgeht. Während sich die bisherigen Studien in erster Linie auf die anabolen Effekte der SARMs im muskulären und knöchernen Gewebe konzentrieren, wird zunehmend deutlich, dass ihre selektive Wirkweise auch in anderen medizinischen Bereichen von großem Nutzen sein könnte. Insbesondere im Rahmen der Hormontherapie rücken SARMs als mögliche Alternative oder Ergänzung zu traditionellen androgenen Substanzen in den Fokus, beispielsweise in der geschlechtsspezifischen Hormonbehandlung bei Transgender-Personen. Hier könnten SARMs dazu beitragen, gezielte körperliche Veränderungen wie eine Steigerung der Muskelmasse und eine Veränderung der Körperzusammensetzung zu induzieren, ohne dabei jene unerwünschten Effekte auszulösen, die bei einer systemischen Gabe von Testosteron oder anderen Steroiden auftreten können. Gerade in dieser sensiblen Patientengruppe, bei der sowohl körperliche als auch psychosoziale Aspekte eine bedeutende Rolle spielen, wäre die Entwicklung eines steuerbaren, gut verträglichen und selektiv wirksamen Androgenmodulators von großem therapeutischem Wert.
Darüber hinaus könnten SARMs auch eine wichtige Rolle bei der Behandlung altersassoziierter degenerativer Prozesse spielen. Mit zunehmendem Lebensalter kommt es physiologischerweise zu einem fortschreitenden Verlust an Muskelmasse (Sarkopenie), Knochendichte (Osteopenie bis Osteoporose) und metabolischer Flexibilität, was die Lebensqualität und Selbstständigkeit älterer Menschen erheblich beeinträchtigen kann. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass SARMs in der Lage sind, dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken und gleichzeitig die Knochensubstanz zu erhalten oder sogar zu verbessern – ohne dabei die Nebenwirkungen traditioneller Hormontherapien in vollem Umfang zu verursachen. Solche Eigenschaften machen sie zu vielversprechenden Kandidaten für eine zukünftige Anwendung in der Geriatrie, wo der Bedarf an sicheren, effektiven und leicht handhabbaren Therapien zur Unterstützung funktioneller Unabhängigkeit besonders groß ist.
Darüber hinaus gibt es erste Hinweise aus präklinischer Forschung, dass SARMs auch im kardiovaskulären und metabolischen Bereich eine therapeutische Relevanz entwickeln könnten. Androgene spielen bekanntermaßen eine Rolle in der Regulation von Lipidstoffwechsel, Insulinsensitivität und Entzündungsprozessen – all dies sind Faktoren, die nicht nur für die Entwicklung metabolischer Syndrome, sondern auch für das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen wie Atherosklerose oder Herzinsuffizienz von Bedeutung sind. Die gezielte Modulation dieser Prozesse durch SARMs könnte somit dazu beitragen, Stoffwechselstörungen zu mildern und entzündliche oder vaskuläre Begleitprozesse positiv zu beeinflussen. Allerdings steckt diese Forschung noch in den Kinderschuhen, und es bedarf einer Vielzahl weiterer experimenteller und klinischer Studien, um den tatsächlichen Nutzen und das Sicherheitsprofil in diesem Kontext zu klären.
Im Zentrum all dieser Überlegungen steht die Notwendigkeit, hochselektive und präzise steuerbare Moleküle zu entwickeln, deren pharmakodynamisches und pharmakokinetisches Profil eine exakte Dosierung, eine stabile Wirkstoffverfügbarkeit und eine gezielte Wirkung ohne systemische Nebenwirkungen erlaubt. Nur wenn es gelingt, SARMs mit klar definierten Sicherheitsprofilen zu synthetisieren, die in verschiedenen Patientengruppen konsistent verträglich und effektiv sind, lässt sich ihr Potenzial auch in der Breite klinisch ausschöpfen. Hierbei spielen moderne Wirkstoffdesigns, computergestützte Modellierungen, aber auch adaptive Studiendesigns eine zunehmend wichtige Rolle. Letztlich wird der therapeutische Durchbruch von SARMs nicht allein vom biochemischen Wirkprinzip abhängen, sondern ebenso von der Fähigkeit, sie in ein regulatorisch, ethisch und klinisch vertretbares Anwendungsumfeld zu integrieren. Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, ob SARMs zu einem integralen Bestandteil personalisierter Therapieansätze in der Endokrinologie, Geriatrie und Stoffwechselmedizin werden können.
6.4 Empfehlungen für die Forschung
Für die zukünftige wissenschaftliche Bewertung von SARMs sind folgende Aspekte essenziell:
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Durchführung randomisierter, placebokontrollierter Langzeitstudien
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Standardisierung von Endpunkten und Messparametern
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Einbindung unabhängiger Forschungseinrichtungen zur Qualitätssicherung
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Systematische Untersuchung pharmakogenetischer Unterschiede
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Evaluierung der Wirkung bei spezifischen Patientengruppen (z. B. geriatrisch, onkologisch, metabolisch vorbelastet)
6.5 Ausblick
Die Entwicklung und klinische Erprobung selektiver Androgenrezeptor-Modulatoren, kurz SARMs, befindet sich derzeit an einem entscheidenden Wendepunkt, der über ihre zukünftige Rolle in der medizinischen Praxis entscheiden könnte. In den vergangenen Jahren wurde durch umfangreiche präklinische Studien und erste klinische Pilotprojekte ein solides Fundament geschaffen, das die biologischen Wirkmechanismen dieser neuartigen Substanzklasse beleuchtet und ihr potenzielles therapeutisches Spektrum aufzeigt. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung sind in vielerlei Hinsicht vielversprechend: SARMs zeigen eine selektive Aktivierung androgenabhängiger Rezeptoren in Muskel- und Knochengewebe, was zu anabolen Effekten führt, ohne gleichzeitig jene systemischen Nebenwirkungen in vollem Umfang hervorzurufen, wie sie bei klassischen androgenen Steroidhormonen häufig zu beobachten sind. Dieses selektive Wirkprofil macht SARMs zu aussichtsreichen Kandidaten für die Behandlung einer Vielzahl chronischer Erkrankungen, darunter Sarkopenie, Osteoporose und andere degenerative Veränderungen, wie sie häufig im höheren Lebensalter auftreten.
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Trotz dieses überzeugenden biochemischen und pharmakologischen Potenzials fehlt es bislang jedoch an ausreichend stringenten klinischen Nachweisen, die eine evidenzbasierte therapeutische Anwendung rechtfertigen würden. Die Mehrzahl der bislang durchgeführten Studien war methodisch limitiert – sei es durch kleine Stichprobenumfänge, kurze Beobachtungszeiträume, uneinheitliche Endpunktdefinitionen oder das Fehlen von Langzeitdaten zur Sicherheit. Diese Faktoren erschweren eine valide Beurteilung des tatsächlichen klinischen Nutzens ebenso wie eine fundierte Risikoabschätzung im Sinne einer dauerhaften, breit angelegten Therapieoption. Es ist daher unabdingbar, dass die nächste Phase der Forschung von methodisch robusten, groß angelegten und kontrollierten Studien geprägt ist, die das Ziel verfolgen, SARMs nicht nur als biochemisch interessante Moleküle zu untersuchen, sondern ihren Platz innerhalb evidenzbasierter medizinischer Leitlinien zu definieren.
Darüber hinaus ist der verantwortungsvolle Umgang mit dieser Wirkstoffklasse nicht allein eine Frage der klinischen Studienarchitektur, sondern verlangt ein koordiniertes, interdisziplinäres Zusammenspiel verschiedenster Fachbereiche. Die Pharmakologie muss sich nicht nur mit der Optimierung von Wirkstoffprofilen und galenischen Formulierungen befassen, sondern auch mit der Erforschung pharmakokinetischer Variabilitäten, die sich zwischen unterschiedlichen Patientengruppen ergeben können. Die klinische Medizin wiederum ist gefordert, spezifische Indikationen zu identifizieren, in denen SARMs gegenüber bestehenden Therapien einen Mehrwert bieten – sei es durch bessere Verträglichkeit, geringere Nebenwirkungsraten oder erhöhte Compliance. Gleichzeitig spielen ethische Erwägungen eine zentrale Rolle, insbesondere im Hinblick auf die Durchführung von Humanstudien, den Schutz besonders vulnerabler Patientengruppen sowie den Umgang mit Missbrauchspotenzial außerhalb medizinischer Kontexte.
Nicht zuletzt müssen auch regulatorische Instanzen wie Arzneimittelbehörden und Ethikkommissionen in diesen Prozess eingebunden werden, um klare Leitlinien für Zulassung, Verschreibung und Überwachung zu entwickeln. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Popularität von SARMs im nichtmedizinischen Bereich – etwa als angebliche „sichere“ Alternative zu Steroiden im Fitness- und Bodybuildingmilieu – besteht die Gefahr, dass ihr therapeutisches Potenzial durch eine unkontrollierte Verwendung in einem nicht evidenzbasierten Umfeld kompromittiert wird. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer engen Verzahnung von Forschung, klinischer Anwendung und gesundheitspolitischer Rahmensetzung, um Fehlentwicklungen vorzubeugen und den Nutzen von SARMs gezielt und verantwortungsvoll in der medizinischen Versorgung zu etablieren.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Zukunft der SARMs entscheidend davon abhängt, ob es gelingt, die Brücke zwischen vielversprechender Grundlagenforschung und belastbarer klinischer Evidenz zu schlagen. Nur wenn es gelingt, wissenschaftliche Exzellenz mit ethischer Integrität und regulatorischer Klarheit zu vereinen, kann diese Wirkstoffklasse ihr volles Potenzial entfalten – nicht als kurzlebiger Trend, sondern als fester Bestandteil einer modernen, patientenzentrierten Pharmakotherapie.
7. Kurzfassung (Summary)
Selective Androgen Receptor Modulators (SARMs) bieten ein vielversprechendes Potenzial in der Therapie muskuloskelettaler und hormonbedingter Erkrankungen. Ihre gewebespezifische Wirkung reduziert unerwünschte Nebenwirkungen im Vergleich zu klassischen Androgenen. Trotz ihrer positiven Wirkungen bei Erkrankungen wie Sarkopenie, Osteoporose, Hypogonadismus und tumorbedingter Kachexie bestehen weiterhin erhebliche Wissenslücken bezüglich Langzeitsicherheit, kardiovaskulärer Risiken und individueller Verträglichkeit.
Der rechtliche Status von SARMs ist uneinheitlich, und ihr Missbrauch im sportlichen und nichtmedizinischen Bereich stellt erhebliche ethische und regulatorische Herausforderungen dar. Die zukünftige Forschung muss methodisch robust sein und interdisziplinär durchgeführt werden, um sowohl das therapeutische Potenzial vollständig auszuschöpfen als auch die Risiken klar zu definieren.
Eine verantwortungsvolle und transparente Kommunikation ist essentiell, um Nutzen und Risiken dieser innovativen Wirkstoffklasse effektiv abzuwägen.
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